Diesmal war er dabei. Als der holländische Finanzkonzern ABN Amro Ende Mai 2024 den Kauf der traditionsreichen Bank Hauck Aufhäuser Lampe für 672 Millionen Euro vor Journalisten verkündete, hatte Michael Bentlage gefehlt. Jetzt, gut dreizehn Monate später, meldete ABN Amro am Dienstag rechtlich Vollzug, und Bentlage war wie selbstverständlich vor Ort und stand den Journalisten Rede und Antwort. Obwohl es sich in erster Linie um eine Veranstaltung von ABN Amro und ihrer Private-Banking-Marke Bethmann handelte, die es dank der 26 Milliarden Euro an verwalteten Kundenvermögen von Hauck nun auf 70 Milliarden Euro bringt.

Durch den Kauf von Hauck Aufhäuser Lampe festigt Bethmann HAL, wie die neue Marke heißen soll, ihren Platz drei im Geschäft mit betuchten Privatkunden (Private Banking) hierzulande hinter Deutsche Bank und Commerzbank, aber vor UBS, Oddo-BHF und der Sparkassengesellschaft Deka. Bis 2030 sollen die verwalteten Kundenvermögen auf rund 100 Milliarden Euro wachsen, nannte ABN-Amro-Deutschland-Chef Hans Hanegraaf am Dienstag als neues Ziel.
Ein vereinbarter, aber noch nicht vollzogener Verkauf schafft Unruhe. Ob es Halteprämien für seine rund 1200 Mitarbeiter bei Hauck Aufhäuser Lampe (HAL) gebraucht habe?, wird Bentlage daher von Journalisten gefragt. Der erwidert, es gebe trotz des Kaufs durch ABN Amro keinen Grund, anderswo hinzugehen. „Das ist eine tolle Perspektive.“ Man müsse sich bewusst machen, wo man herkomme. Hauck sei im Private Banking „unter ferner liefen“ gewesen, erst zusammen mit der während der Corona-Pandemie übernommenen früheren Oetker-Bank Lampe sei man auf Rang neun geklettert, gab Bentlage zu. Der 2017 unter dem chinesischen Eigner Fosun zum Vorstandschef aufgestiegene Bentlage sagt es nicht deutlich, aber: Für viele potentielle Kunden war der chinesische Eigner zuletzt ein Grund, die Bank zu meiden. Nun, nach vereinbartem Kauf durch ABN, befindet sich Hauck nach starkem ersten Halbjahr 2025 auf dem Weg zu zweistelligen Milliardenzuflüssen im Gesamtjahr. „Wir spüren Rückenwind“, sagte Bentlage. Das China-Geschäft, etwa Beratung bei grenzüberschreitenden Unternehmenskäufen, sei dagegen für HAL „irrelevant“.
Bentlage bleibt Vorstandsvorsitzender von HAL
Die Frage, wer während des Übergangs an ABN Amro von HAL an Bord bleiben würde, hatten sich Beobachter vor allem mit Blick auf Bentlage persönlich gestellt. Wie am Dienstag bekannt wurde, rücken Oliver Plaack und Madeleine Sander aus dem HAL-Vorstand zusätzlich in die Geschäftsleistung von ABN Amro Deutschland auf – nicht aber Bentlage. Der im vergangnen Jahr 60 Jahre alt gewordene drahtige Bankmanager ist in der komfortablen Lage, über einen nach Informationen der F.A.Z. bis Ende 2028 laufenden Vorstandsvertrag zu verfügen. Und ABN Amro kommt Bentlage insofern entgegen, als der holländische Bankkonzern die HAL AG als Tochtergesellschaft bestehen lässt, sie direkt dem holländischen Mutterkonzern unterstellt (und nicht der deutschen Tochtergesellschaft) und Bentlage ihr Vorstandsvorsitzender bleibt. Dies soll auch so bleiben, wenn die Integration beider Häuser im Firmenkundengeschäft unter der Marke ABN Amro bis Ende 2026 vollzogen ist und Deutschland damit für ABN zweitwichtigster Markt ist.

Hans Hanegraaf, Deutschland-Chef von Bethmann, machte schon am Dienstag auch deutlich, dass er der Gesamtverantwortliche für alle Aktivitäten von ABN Amro ist. Die eigens aus Amsterdam angereiste Choy van der Hooft-Cheong aus dem Konzernvorstand sah sich angehalten, darauf hinzuweisen, man habe bei ABN Amro ungeachtet der Strukturen einen „kollaborativen“ Führungsstil. Auf die Frage, ob Bentlage auch ohne mit Hans Hanegraaf zu sprechen, direkt mit ihr sprechen könne, antwortete Hooft-Cheong: „Natürlich.“
Hanegraaf betont, dass es sich um einen Zusammenschluss für mehr Wachstum handele. Die Kosteneinsparungen von 60 Millionen Euro, die ABN Amro ab 2028 erreichen will, sollen vor allem durch die Zusammenlegung der beiden schon jetzt vom gleichen Anbieter stammenden Kernbank-IT-Systeme erreicht werden. Zu einem wahrscheinlichen Stellenabbau wollte sich Hanegraaf nicht äußern. Unter dem Namen Bethmann HAL soll es künftig 17 Standorte in Deutschland und Luxemburg geben, vier kommen davon neu von Hauck.
Außerdem schafft sich ABN Amro mit dem in der HAL AG vorhandenen Fondsbuchhaltungs- und Verwahrstellengeschäft und („Asset Servicing“) unter Führung von Bentlage ein weiteres Geschäftsfeld mit einer starken Niederlassung in Luxemburg. Die Zentraladministration und weitere Kapitalverwaltungsdienste bleiben bei Gesellschaften im Besitz von Fosun in Luxemburg und Irland, mit denen Kooperationsverträge geschlossen wurden, damit die Kunden möglichst wenig von der Neuordnung mitbekommen.