Oberstes Gericht bestätigt Wahlsieg Nawrockis

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Einen Monat nach dem Sieg des nationalkonservativen Historikers Karol Nawrocki bei der Stichwahl um das Amt des Staatspräsidenten in Polen hat das Oberste Gericht in Warschau die Wahl für gültig erklärt.

Nach der Entscheidung am Dienstagabend steht der Vereidigung Nawrockis zum neuen polnischen Präsidenten am 6. August nichts mehr im Weg. die Entscheidung des Gerichts ist unanfechtbar. Die zuständige Kammer für außerordentliche Kontrolle und öffentliche Angelegenheiten hatte dafür Zeit bis 2. Juli, und das war angesichts von mehr als 50.000 Einsprüchen gegen das Wahlergebnis äußerst knapp bemessen.

So viele Einsprüche hatte es noch nie nach einer Präsidentschaftswahl in Polen gegeben, und das lag auch daran, dass Nawrockis Sieg äußerst knapp ausfiel. Jeweils mehr als zehn Millionen Polen hatten für ihn und seinen liberalkonservativen Mitbewerber Rafał Trzaskowski gestimmt, doch entfielen auf Nawrocki letztlich 370.000 Stimmen mehr.

Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung

Kurz nach Bekanntgabe des Ergebnisses meldeten sich Bürger mit ersten Einsprüchen, zudem wurden erste Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung der Stimmen sowie der Weitergabe der Ergebnisse aus den mehr als 30 000 Wahllokalen an die Nationale Wahlkommission publik. So hatte es in einigen Wahllokalen, in denen Trzaskowski im ersten Wahlgang vorn gelegen hatte, im zweiten Wahlgang einen hohen Zuwachs ungültiger Stimmen gegeben, zudem sollen Stimmen für beide Kandidaten vertauscht worden sein.

Das Oberste Gericht ordnete schließlich Nachzählungen in 13 Wahllokalen an. Dabei wurden vertauschte Stimmen festgestellt, die in der Mehrzahl zugunsten Nawrockis ausfielen, doch gab es auch einige zugunsten Trzaskowskis. Mutmaßlich handelte es sich Versehen. Hinweise auf bewusste Manipulationen habe das Gericht nicht erkennen können, hieß es in seiner ersten Entscheidung.

Die Stephan-Batory-Stiftung, eine unabhängige Nichtregierungsorganisation, beauftragte daraufhin Wissenschaftler der Universität Warschau beauftragt, die Zuverlässigkeit des Ergebnisses der Stichwahl zu bewerten. In einer Studie kamen sie zu dem Schluss, dass es bei der Auszählung zwar „spürbare Abweichungen“ gegeben habe, diese jedoch „nicht groß genug“ seien, „um das Endergebnis der Wahl zu beeinflussen“.

Nur ein Dutzend Einsprüche gerechtfertigt

Zugleich untersuchten sie, ob die Zusammensetzung der Wahlvorstände in den Wahllokalen Manipulation Vorschub geleistet haben könnte. Dieser Vorwurf war in vergangenen Tagen immer wieder aus dem Lager der Regierung Donald Tusks zu hören. Auch hier kamen die Forscher zu einer klaren Antwort: „Es wurden keine systematischen Abweichungen der Ergebnisse in Abhängigkeit von der Zusammensetzung der Wahlvorstände festgestellt“, heißt es in dem Bericht. Hypothesen einer massiven Beeinflussung des Wahlergebnisses durch persönliche Manipulation oder gar über eine organisierte Wahlfälschung seien damit hinfällig.

Das Oberste Gericht erkannte bislang gut ein Dutzend der Einsprüche als gerechtfertigt an. Der Großteil des Restes sei jedoch identisch gewesen mit aus dem Internet herunterladbaren Vorlagen eines Politikers der Regierungskoalition. Die Regierung erkennt umgekehrt die für die Wahlprüfung zuständige Kammer des Obersten Gerichts nicht an. Sie wurde zur Regierungszeit der nationalkonservativen PiS nämlich mit ihr zugeneigten Richtern besetzt, weshalb auch ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof anhängig ist.

Allerdings hat diese Kammer bisher sieben Wahlen in Polen geprüft und für rechtmäßig befunden, darunter auch die Parlamentswahl 2023, bei der die PiS die Macht verlor. Die letzte Entscheidung, ob Karol Nawrocki vereidigt wird, trifft ohnehin Parlamentspräsident Szymon Hołownia. Er hat bereits vor der Entscheidung des Obersten Gerichts erklärt, Nawrocki bei einem positiven Bescheid vereidigen zu wollen. Auch Ministerpräsident Tusk äußerte vor der jüngsten Gerichtsentscheidung, dass die Regierung nicht über das Wahlergebnis bestimmen werde.