Alisha Lehmann – und der Fluch des Ruhms

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Der Star der Frauen-EM

Sie zahlt einen hohen Preis

02.07.2025 – 10:02 UhrLesedauer: 2 Min.

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Alisha Lehmann: Sie hat bereits 59 Länderspiele absolviert. (Quelle: IMAGO)

Nationalspielerin Alisha Lehmann verleiht dem Schweizer Frauenfußball eine immense Sichtbarkeit – und zahlt dafür einen hohen Preis.

Alisha Lehmann zeigt sich auf Social Media in knappen Shorts beim Fußballtraining oder im Bikini am Strand. Sie hat 16,7 Millionen Follower auf Instagram und zwölf Millionen auf TikTok – und verbringt nach eigener Aussage doch weniger Zeit am Smartphone als fast alle ihre Teamkolleginnen in der Schweizer Nationalmannschaft. “Ich bin 26, da kann ich doch nicht den ganzen Tag am Handy hocken”, hat Lehmann kürzlich der schweizer Boulevardzeitung “Blick” gesagt. Ein Foto zu posten, das dauere nicht mehr als “zwei Sekunden”.

Weil Lehmann aber sehr viele Fotos postet, diskutiert vor dem Beginn der Europameisterschaft in der Schweiz, die der Gastgeber am Mittwoch (ab 21 Uhr im Liveticker bei t-online) in Basel gegen Norwegen offiziell eröffnet, eine ganze Fußballnation über eine Spielerin, die auf dem Platz höchstens eine Nebenrolle spielt. Lehmann ist nicht die knochenharte Abwehrchefin, sie ist nicht die Schaltzentrale im Mittelfeld, nicht die eiskalte Tormaschine im Sturm. Trotzdem ist sie der Star der Mannschaft. Und das gefällt nicht allen.

Mit ihren Followerzahlen ist Lehmann eine der bekanntesten und schillerndsten Figuren im Frauenfußball. Eine, die das Geschäft auf Social Media verstanden und perfektioniert hat, die mit einem Werbepost für einen Sportdrink angeblicheHunderttausende Euro verdient. Und die damit nicht nur ihrem Konto Gutes tut, sondern einer ganzen Sportart, die mühsam um Aufmerksamkeit ringt.

Doch unter ihren Postings sammeln sich hasserfüllte Kommentare – oft von Menschen, die die Sportlerin auf ihre Netzaktivitäten reduzieren und ihre fußballerischen Fähigkeiten infrage stellen. “Ich finde es schade, dass das Negative oft fokussiert wird”, sagte Lehmann dem “Tagesanzeiger”, “ich will Frauen und Mädchen motivieren, Fußball zu spielen, das ist alles.” Die Ablehnung macht ihr zu schaffen: “Alle Hasskommentare gegen mich sind auf Schweizerdeutsch”, sagt sie, “das trifft mich sehr.”

Durch ihre Nominierung für die EM steht Lehmann nun stärker im Fokus denn je – dabei war lange nicht sicher, ob die Mittelfeldspielerin von Juventus Turin ihr Heimatland vertreten dürfe. In Italien meist nur Ergänzungsspielerin, ist sie auch in der Nationalmannschaft trotz ihrer bislang 59 Länderspiele nicht erste Wahl. Das befeuerte die Diskussion, ob Lehmann ausschließlich aus sportlichen Gründen berufen wurde – oder ob der Verband nicht schlicht auf die Werbefigur verzichten wollte.

Die ehemalige deutsche Nationalspielerin und einstige Schweizer Nationaltrainerin Inka Grings hat dazu eine klare Meinung: “Sie ist ein guter Charakter”, sagte die 46-Jährige dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, “von ihrer Art und ihrer Persönlichkeit passt sie sehr gut ins Team. Gepaart mit ihren sportlichen Fähigkeiten, ist für mich ihre Nominierung absolut nachvollziehbar.”

Jetzt hat Alisha Lehmann die Chance, ganz Europa zu beweisen, dass sie ihrem Team in mehrerlei Hinsicht helfen kann.