Stromausfall legt ICE-Strecke Köln–Frankfurt lahm

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Sie gehört zu den wichtigsten Bahnstrecken Deutschlands und wird täglich von mehreren Zehntausend Menschen benutzt: die Schnellfahrstrecke zwischen Köln und Frankfurt. Doch hier, wo normalerweise täglich rund 120 ICE-Züge verkehren, herrscht aktuell Chaos. Seit Sonntagabend ist die Strecke gestört – mit dramatischen Folgen für die Fahrgäste. Seit Tagen fallen rund zwei Drittel aller Züge aus. Die wenigen ICEs, die noch fahren, sind meist überfüllt und verspätet. Teilweise sind Wagen wegen der aktuellen Hitze gesperrt, oder sie fehlen gleich ganz. Besonders hart trifft es die Bahnhöfe Limburg und Montabaur, die zeitweise vollständig vom Fernverkehr abgeschnitten sind.

Mangelhafte Kommunikation der Deutschen Bahn

Die Deutsche Bahn beschränkt ihre Kommunikation mit den Kunden derweil auf ein Minimum. An den Bahnhöfen finden sich nur vereinzelt Informationen über eine „technische Störung“ zwischen Siegburg/Bonn und Montabaur. In der App „DB Navigator“ wird lediglich ein defektes Stellwerk erwähnt. Informationen über die voraussichtliche Dauer, genauere Ursachen oder Alternativen suchen Reisende vergebens. Auch die Pressestelle kann keine näheren Informationen liefern. Man verweist nur allgemein auf einen Stromausfall und beteuert, „mit Hochdruck“ an der Behebung zu arbeiten. Details zum betroffenen Stellwerk, zur Ursache des Stromausfalls oder eine Prognose zur Reparaturdauer bleiben aus. Stattdessen verweist der Sprecher darauf, dass man sich im Internet informieren könne.

Bei der Infrastrukturgesellschaft DB Infrago finden sich konkretere Informationen. Dort heißt es, die Störung befinde sich zwischen der Überleitstelle Willroth und Siegburg/Bonn und betreffe die „Linienzugbeeinflussung“. Daher seien nur Fahrten im „Ganzblockbetrieb“ möglich – ICE-Züge können die Strecke also nur unter Beachtung stationärer Lichtsignale und mit verminderter Geschwindigkeit befahren. Konkret heißt das: Auf einer Strecke von 40 Kilometern kann nur mit 160 km/h statt mit 300 km/h gefahren werden, was die Streckenkapazität begrenzt.

Frust und Vorschläge aus der Bahn-Community

Bei der Infrago findet sich auch eine Zeitangabe: Mit Stand 3.30 Uhr war die Wiederaufnahme der Entstörung gegen 8.00 Uhr geplant, mit einer voraussichtlichen Dauer von zwei Stunden. Die Meldung steht dort allerdings auch seit Tagen und wird nicht aktualisiert. „Hochdruck“, wie der Pressesprecher behauptet, sieht zumindest anders aus – zumal die Strecke noch immer nicht ordnungsgemäß funktioniert. Bei der Infrago-Meldung rechnet man damit, dass die Störung bis mindestens zum Donnerstagmorgen andauert, im DB Navigator ist man noch optimistischer: Hier scheinen vom frühen Abend an alle Züge wieder regulär zu fahren. Was von beiden nun stimmt, kann man noch nicht beantworten. 

Selbst in Fachforen wie „Drehscheibe Online“, in denen viele Mitarbeiter der Bahn unterwegs sind, heißt es da etwa: „So langsam bekommt man auch das Gefühl, dass die Kollegen in der BZ/Verkehrsleitung aufgegeben haben mit der Situation“, schreibt etwa einer, was man ihnen bei dem Chaos und der Hitze aber nicht übelnehmen könne. Auch Vorschläge gibt es, wie man den Betrieb stabilisieren kann: So heißt es, die Linien sollten in Köln und Frankfurt getrennt werden, um einen zuverlässigen Pendelbetrieb mit ausreichend Zeitabständen zwischen den Zügen anzubieten. Davon würde auch der Betrieb im Rest des Landes profitieren. Ein anderer schlägt vor, zumindest ein Konzept für den nächsten Tag zu entwerfen. Über den gestrigen Dienstag heißt es: „An einen so schlimmen Tag wie heute (mit Blick auf Gesamtdeutschland) habe ich im Fernverkehr schon lange nicht mehr beobachtet.“ 

Noch vor einem Jahr ließ sich Philipp Nagl, Vorstandsvorsitzender der DB Infrago, anlässlich der Bauarbeiten an der Strecke zitieren: „Die Schnellfahrstrecke zwischen Köln und Frankfurt am Main ist das Sinnbild einer starken Schiene in Deutschland.“ Wenn der aktuelle Zustand der Strecke tatsächlich ein Sinnbild einer starken Schiene in Deutschland ist, steht es um die Deutsche Bahn noch schlimmer als befürchtet.