Das Verfahren zur Besetzung des bereits seit mehreren Jahren vakanten Präsidentenpostens am nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgericht (OVG) könnte nun doch rascher zu Ende gehen als bisher erwartet. Wie das Justizministerium in Düsseldorf mitteilte, hat die zunächst erfolgreiche Bewerberin (die bis vor Kurzem Abteilungsleiterin im nordrhein-westfälischen Innenministerium war) ihre Bewerbung zurückgezogen. Damit sind nur noch zwei Kandidaten im Rennen. Weil jedoch einer von ihnen in wenigen Wochen die Ruhestandsgrenze erreicht, spricht vieles für den zunächst unterlegenen Carsten Günther, der Richter am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ist.
Mit Günther käme just jener Kandidat zum Zug, der in dem langwierigen Konkurrenten-Klageverfahren besonders schwere Vorwürfe gegen das Agieren von Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) und dessen Haus erhoben hatte. Neben den Verwaltungsgerichten in Münster und Düsseldorf und dem OVG selbst befasste sich zwischenzeitlich auch schon das Bundesverfassungsgericht mit der Sache.
Hat Limbach „rechtswidrig“ und „manipulativ“ gehandelt?
Das Gericht aus Münster bescheinigte Limbach auf Antrag Günthers, im Besetzungsverfahren „rechtswidrig“ und „manipulativ“ gehandelt zu haben. Das Oberverwaltungsgericht hatte als zweite Instanz gegen die Personalentscheidung in eigener Sache keine Bedenken. Doch das Bundesverfassungsgericht hob diese OVG-Entscheidung teilweise auf. Die Verfassungsrichter in Karlsruhe sahen Anhaltspunkte für eine Vorfestlegung, denen nicht ausreichend nachgegangen worden sei. Konkret ging es um eine vom Bundesverfassungsgericht als „substantiiert“ bezeichnete eidesstattliche Versicherung, in der Günther dargelegt hatte, nicht nur Justizminister Limbach, sondern auch Nathanael Liminski (CDU), der Chef der NRW-Staatskanzlei, hätten ihn aufgefordert, seine Bewerbung zurückzuziehen. Der aus NRW stammende Justiziar der Unionsbundestagsfraktion, Ansgar Heveling, habe ihm wiederum mitgeteilt, die schwarz-grüne Landesregierung in Düsseldorf wolle eine Frau an der Spitze des OVG.
Die nun ausgeschiedene Kandidatin hatte ihr Interesse an einer Bewerbung erst bei einem Abendessen mit Limbach kundgetan. Ein Untersuchungsausschuss des Landtags prüft derzeit, ob Vettern- und Parteibuchwirtschaft den Ausschlag bei der Besetzung der Präsidentenstelle des OVG hätten geben sollen. Durch diverse Befragungen kamen tatsächlich bereits zahlreiche Indizien für eine illegitime Einflussnahme auf das Besetzungsverfahren zutage, das nach den strikten Regeln der Bestenauswahl stattzufinden hat.
Als ein von SPD und FDP beauftragter Gutachter erhebliche Fehler im Bewerbungsverfahren entdeckte, nahm die Landesregierung im November ihre Kabinettsentscheidung, die Abteilungsleiterin aus dem Innenministerium an die Spitze der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Nordrhein-Westfalen zu berufen, zurück. Erst vor Kurzem ist bekanntgeworden, dass die Juristin sich inzwischen auf eine Abteilungsleiterstelle in einem Bundesministerium beworben hat.