Nach der Hitze folgen Blitze: Im Norden und Westen Deutschlands wird vor schweren Gewittern gewarnt. Gibt es diese nun häufiger? Wie schütze ich mich – und was ist nur ein Mythos?
Hitzewellen wird es zukünftig auch in Deutschland häufiger geben. Aber wie sieht es mit Gewittern aus?
Fest steht: Durch die immer höheren Temperaturen nimmt die Atmosphäre immer mehr Feuchtigkeit auf. Steigt diese feuchte, warme Luft nach oben, reiben die Tropfen aneinander und laden sich dadurch elektrisch auf. So baut sich eine Spannung auf, die sich entlädt, wenn zum Beispiel die warme Luft auf eine Kaltfront oder ein Gebirge trifft. Letztere gibt es bekanntlich aber nicht überall in Deutschland.
Häufiger unklar, aber heftiger
Dazu, ob es zukünftig in ganz Deutschland mehr Gewitter geben wird, sei die Studienlage deshalb noch nicht eindeutig, so Nico Bauer vom Deutschen Wetterdienst. So hänge es auch stark von der Region ab. “Aber es gibt einige Studien, die besagen, dass Gewitter gerade im süddeutschen Raum oder auch im Alpenraum in Zukunft häufiger auftreten werden”, so der Meteorologe. Schon heute sehe man in Süddeutschland teilweise mehr Gewitter als früher.
Bereits belegt ist hingegen: Wenn Gewitter auftreten, dann sind sie in der Regel auch heftiger. Das liegt daran, dass mehr Wärme und somit auch mehr Energie vorhanden ist. Das bedeutet: Gewitter werden häufiger von Starkregen und Hagel begleitet.
Nicht immer tödlich, aber gefährlich
Große Hagelkörner, extreme Wassermassen und Blitze können dabei zur ernsten Gesundheitsgefahr werden. Fred Zack hat als Professor in der Rechtsmedizin der Universitätsmedizin Rostock viele Jahre Unfälle durch Blitzschläge untersucht.
Überraschend, sagt er, sei für viele: Es sei viel wahrscheinlicher einen Blitzschlag zu überleben als daran zu sterben. Nur ungefähr zehn bis 20 Prozent der getroffenen verstirbt, so die aktuelle Erkenntnis.
Indirekt getroffen
Das liegt daran, dass viele Unfälle keine direkten Treffer sind, die in den Kopf gehen, sondern dass der Strom dann über die Erde geleitet oder per Übersprung von einem anderen Objekt kommt. Beim sogenannten Sidesplash schlägt der Blitz zunächst zum Beispiel in einen Baum ein und trifft dann erst abgeschwächt das Opfer. Auch Menschen, die beispielsweise durch den lauten Donner ein Knalltrauma erlitten haben, gelten als Opfer von Blitzschlägen.
“Das heißt nicht, dass die Überlebenden nach dem Unfall beschwerdefrei sind”, so Fred Zack. Denn auch wenn man nicht direkt am Kopf getroffen wird, können Blitze das Gehirn und das restliche Nervensystem oder das Herz-Kreislauf-System schädigen. Außerdem kann man geblendet werden oder die Trommelfelle können reißen. Haut, Muskeln, Skelett – alles kann in Mitleidenschaft gezogen werden.
Häufig gibt es auch psychische Folgen: Aufmerksamkeitsstörungen, Halluzinationen, Depressionen oder posttraumatische Belastungsstörungen. Einige dieser Schäden bleiben lebenslang.
Die Wahrscheinlichkeit von einem Blitz getroffen zu werden ist laut Zack insgesamt allerdings sehr gering. Auch die Zahl der Todesfälle sei dank der Präventionsmaßnahmen in den vergangenen Jahrzehnten stark gesunken.
Welche Mythen stimmen nicht?
Gerade weil es die Möglichkeit gibt, dass man auch indirekt zum Beispiel über einen Baum getroffen wird, steckt in dem alten Sprichwort “Eichen sollst du weichen, Buchen sollst du suchen” keine Wahrheit. Man sollte sich bei Gewitter unter keinen Baum stellen.
Auch andere Mythen sind falsch: Zum Beispiel, dass Gewitter keine Flüsse überqueren können oder dass ein Blitz nicht zweimal in denselben Ort einschlägt. Das ist besonders für potenzielle Ersthelfende ein Problem, die dadurch in Gefahr geraten können. Im Vergleich zu Starkstromunfällen sind Blitzschlagopfer aber sofort stromfrei. Ersthelfende brauchen also keine Sorgen haben, vom Opfer einen Stromschlag zu bekommen.
Wie schütze ich mich bei Gewitter?
Auch wenn bisher die Wahrscheinlichkeit in Deutschland von einem Blitz getroffen zu werden gar nicht so groß ist, empfehlen Rechtsmediziner Zack und Meteorologe Bauer wegen der großen potenziellen Schäden: Bei Gewitter sofort ein festes Gebäude aufsuchen und die Fenster und Türen schließen. Autos können als Faradayscher Käfig die Blitze zwar auch abhalten, allerdings kann man auch im Auto sitzend zum Beispiel vom Blitz geblendet werden.
Ist man im Freien und kann so schnell kein Gebäude erreichen, sollte man insbesondere Seen und das Meer schnellstmöglich verlassen und sich nicht hinlegen, sondern in einer Mulde möglichst klein hinhocken. So läuft der Strom beim Blitzschlag nicht über das Herz.
Warnungen beachten
Die Experten empfehlen als Schritt davor allerdings Vorsorge. “Man soll gar nicht in diese Situation geraten”, sagt Zack. Heutzutage könne man sich durch Wettervorhersagen schon mindestens einen Tag vor geplanten Aktivitäten über mögliche Gewitter informieren. “Und dann muss ich den Tag so planen, dass ich nicht in Gefahr komme.” Zum Beispiel, indem man keine längeren Bergtouren oder Strandausflüge zur angesagten Gewitterzeit plant.
Informationen zu bevorstehenden Unwettern gibt es zum Beispiel vom Deutschen Wetterdienst oder bei der tagesschau.