Die neue Bundesregierung erhöht lieber weiter die Sozialausgaben als die wirtschaftlichen Standortbedingungen zu verbessern. Diesen fatalen Eindruck unterstreicht der Beschluss des schwarz-roten Koalitionsausschusses vom Mittwochabend: Schnell (noch) mehr Mütterrente statt Minimierung der Stromsteuer für alle Verbraucher, lautet die Priorität.
Daher will die Koalition die jährlich fünf Milliarden Euro teure Erhöhung der Rente für ältere Mütter trotz Haushaltsnot und gegen den Rat der Rentenversicherung nun sogar um ein Jahr vorziehen auf 2027, während für die eigentlich als „Sofortmaßnahme“ zugesagte Absenkung der Stromsteuer um jährlich gut fünf Milliarden Euro der „Finanzierungsvorbehalt“ gelten soll.
Triumph für Markus Söder
Das ist ein Triumph nach Trumpscher Manier für den CSU-Chef und bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder. Für die von ihm in den Koalitionsvertrag verhandelten Entlastungen zugunsten der Einzelinteressen älterer Mütter, Landwirte und Gastronomen gelten offenkundig keinerlei Budgetrestriktionen. CDU-Bundeskanzler Friedrich Merz tanzt bisher jedenfalls ohne erkennbare Gegenwehr nach der Pfeife der Schwesterpartei.
Deren Klientelpolitik entzieht dem Haushalt hohe Milliardensummen, die zur Flankierung jener Reformen fehlen, die im Interesse neuer Wettbewerbsfähigkeit vorrangig sein müssten. Dazu gehört die Aufstockung der Mütterrente nicht, die übrigens auch unter Aspekten sozialer Gerechtigkeit sehr fragwürdig ist. Doch das blendet die CSU aus. Dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, diente hingegen eine schnelle, verlässliche und dauerhafte Senkung der Stromsteuer für alle auf das EU-Minimum, weil die Entlastung kein Geschäftsmodell bevorzugt und zugleich den von der Politik geforderten Umstieg auf Elektroautos oder Wärmepumpen unterstützt.
Wo ist die Besinnung auf Ludwig Erhard?
Wollte die CDU sich nicht unter Merz, Generalsekretär Carsten Linnemann und Wirtschaftsministerin Katherina Reiche wieder mehr auf Ludwig Erhard und den Kern der Sozialen Marktwirtschaft besinnen? Dann müsste die Stromsteuer ihr Mittel der Wahl sein, nicht die weitere Subvention der Energiewende aus dem Bundesetat und den in hohem Maß schuldenfinanzierten Nebenhaushalten. Denn so verschleiert sie die wahren Kosten der deutschen CO2-Transformation und mindert den politischen Druck, die Ursachen der Kostentreiber folgendermaßen zu beseitigen: Netze oberirdisch zu verlegen, Innovationen zuzulassen, Ausbaupläne zu ändern oder die Grünstromförderung zu beenden.
Doch wie die Ampelregierung verlagert auch diese Koalition die wachsenden Schulden der fehlgeplanten Energiewende auf die jüngere Generation und nutzt verfügbare Spielräume, um soziale Ansprüche zumeist der Älteren auszuweiten. Dieser Kurs wird dazu beitragen, Steuern und Abgaben leistungs- und wettbewerbsfeindlich hoch zu halten. Das schwächt ausgerechnet die privaten Wachstumskräfte, den Wohlstandsmotor der Sozialen Marktwirtschaft. Diese zu stärken, hatte die Merz-CDU versprochen. Mit der Stromsteuersenkung für alle hätte sie ein Zeichen setzen müssen, dass sie ihr Versprechen nicht beim ersten Widerstand in der Koalition aufgibt.