Gentests an Menschen, die vor Jahrtausenden lebten, sind heute ein prosperierendes Forschungsfeld. Doch ausgerechnet aus dem alten Ägypten, der alten Zivilisation, die ihre Toten, zumindest diejenigen höherer sozialer Schichten, besonders sorgfältig bestattete, gab es bislang keine guten Daten. Nun berichten Forscher um Adeline Morez Jacobs von der John-Moores-Universität in Liverpool in der Fachzeitschrift „Nature“, wie es ihnen zum ersten Mal gelang, das komplette Genom eines Ägypters aus dem alten Reich zu sequenzieren.
Der Mann war zwischen 2855 und 2570 vor Christus – in der Zeit der ersten Pyramiden – auf einer Nekropole bei dem Dorf Nuwayrat 265 Kilometer südlich von Kairo in einem tönernen Sarg beigesetzt worden, der wiederum in einem Felsengrab stand. Dort wurde er 1902 entdeckt und nach Liverpool gebracht. Die aufwendige Bestattung an einem gut geschützten Ort ist vermutlich der Grund, dass sich in einem seiner Zähne etwas DNA erhalten hatte.

Und sie bezeugt: Der Mann muss ausgesprochen wohlhabend gewesen sein. Umso überraschender war, dass er zeitlebens – er starb wohl mit über 60 Jahren – hart gearbeitet hatte. Sein Skelett ist das eines Menschen, der viel saß, sich nach vorne beugte und die Arme über längere Zeiträume ausgestreckt hielt. Vermutlich war er von Beruf Korbflechter oder, wahrscheinlicher noch, Töpfer. Vielleicht war er ein besonders gefragter Meister seines Handwerks und brachte es so zu Reichtum.
Die Ungewöhnlichkeit dieses Befunds relativiert vielleicht etwas die Bedeutung dessen, was aus seinen Genen abzulesen ist. Demnach war der Mann überwiegend nordafrikanischer Abstammung, ohne Spuren von Vorfahren von südlich der Sahara, aber zu 20 Prozent von Menschen aus dem sogenannten fruchtbaren Halbmond, also der Levante, Nordsyrien und dem Zweistromland. Dies werten die Forscher als Beleg dafür, dass zwischen diesem Kulturraum und Ägypten nicht nur Ideen und Erfindungen ausgetauscht wurden, sondern auch Menschen in Form von Migrationsbewegungen.
Das ist vielleicht weniger überraschend als das Fehlen schwarzafrikanischer Vorfahren. Beides indes erlaubt keine allzu weitreichenden Schlüsse. Ein einzelner gut bezahlter Spezialist ist auch im alten Ägypten kaum repräsentativ für größere Teile der Bevölkerung.