Warum viele im Urlaub krank werden

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Stand: 05.07.2025 10:27 Uhr

Ausgerechnet am Wochenende oder im Urlaub krank oder erschöpft: Das kennen mehr als drei Viertel der Arbeitnehmer, zeigt eine Studie. Viele Faktoren können Ursache sein.

Von Katharina Heudorfer und Sylvaine von Liebe, BR

Der Urlaub steht vor der Tür – doch statt Erholung folgt Erschöpfung oder gar Krankheit an den freien Tagen. Rund 72 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland kennen dieses Phänomen. Jeder Fünfte erlebt dies sogar immer oder häufig an freien Tagen oder im Urlaub, ergab eine jetzt veröffentlichte repräsentative Studie der IU Internationalen Hochschule mit Hauptsitz in Erfurt.

Bei der auch als Leisure Sickness bezeichneten sogenannten Freizeit- oder auch Wochenendkrankheit treten vor allem Symptome wie Müdigkeit beziehungsweise Erschöpfung und Schlafprobleme bei den Betroffenen auf. Aber auch vermehrte Reizbarkeit, Kopfschmerzen oder Erkältungssymptome.

Forscherin überrascht von Ergebnissen

In der IU-Umfrage gaben die meisten (71,9 Prozent) der rund 2.000 Befragten im Alter zwischen 16 und 65 Jahren an, schon einmal das Gefühl gehabt zu haben, an freien Tagen oder im Urlaub krank zu werden oder sich erschöpft zu fühlen. Über ein Drittel litt unter Müdigkeit beziehungsweise Erschöpfung (36,1 Prozent). Es folgten Schlafprobleme (27,6 Prozent), Reizbarkeit (18,9 Prozent), Kopfschmerzen (16,7 Prozent) und Erkältungssymptome (14,2 Prozent).

Stefanie André, Professorin für Gesundheitsmanagement an der IU, war überrascht “wie weit verbreitet das Phänomen tatsächlich ist”. Denn die bisherige Forschung dazu habe “eine so weit verbreitete Symptomatik nicht gefunden”, sagt sie im Interview mit dem BR.

Körperliche und äußere Ursachen

Die sogenannte Leisure Sickness – also das Phänomen, dass Menschen genau dann krank werden, wenn sie nach einer langen Stressphase wieder Freizeit haben – kann körperliche wie auch äußere Ursachen haben.

Eine körperliche Ursache von Leisure Sickness ist der plötzliche Abfall von Stresshormonen wie Adrenalin und Cortisol, vermuten Wissenschaftler wie Stefanie André. Es sei “ein Stressreaktionsmuster”, sagt die Forscherin. In der Phase von zu hoher Belastung und Anspannung seien die Hormone Adrenalin und Cortisol “in einer sehr hohen Konzentration im Körper vorhanden”, der Sympathikus laufe unter Anspannung. Nach der Stressphase “möchte das der Körper regulieren. Dann sind wir infektanfällig und deutlich empfänglicher für Krankheitssymptome”, erklärt André.

Langfristig könne es dadurch auch zu anderen Stress- und chronischen Erkrankungen kommen, wie zum chronischen Erschöpfungssyndrom, zu Depressionen oder Burnout.

Jeder dritte Befragte in der Studie sieht den hohen Arbeitsdruck (33,7 Prozent) als mögliche Ursache für die nach dem Arbeitsstress auftretenden Krankheits- beziehungsweise Erschöpfungssymptome. Außerdem fühlt sich mehr als die Hälfte der Befragten (54,4 Prozent) durch die ständige Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeit in seiner Erholung beeinträchtigt.

Kaum Erholung – junge Menschen leiden besonders

Dabei gaben besonders viele Teilnehmer aus der sogenannten Gen Z – also der heute 16- bis 30-Jährigen – an, sich in ihrer Freizeit nicht erholen zu können.

“Das Bild dieser besonders arbeitsmüden Generation Z können wir mit Blick in unsere Studie definitiv nicht bestätigen”, sagt Professorin André. “Denn der Tatsache, dass das aktive Freizeitverhalten wenig bis gar nicht als regenerierend empfunden wird, steht gegenüber, dass gerade diese Altersgruppe davon berichtet, dass sie in dieser Dauererreichbarkeitsschlaufe feststecken und einen hohen Anspruch an Leistungen und Arbeitsperformance angeben.”

Beträchtliche Steigerung seit 2002

Schon 2002 untersuchte ein niederländisches Forscherteam um Ad Vingerhoets und Maaike Van Huijgevoort an der Universität in Tilburg die Verbreitung von Leisure Sickness. Damals waren statt der heute rund 70 Prozent gerade einmal drei bis vier Prozent der Befragten von der Freizeitkrankheit betroffen. Allerdings nahmen an dieser Studie auch Rentnerinnen und Rentner teil.

Neben Stressreduktion und dem Einlegen von regelmäßigen Pausen rät Expertin André zu “aktiven Tätigkeiten”, damit die Regeneration nach einer stressigen Arbeitsphase gelingt. “Kochen, backen, stricken, lesen, spazieren gehen, schlafen – je nachdem, was mir guttut. Das gilt es dann auch in den Alltag zu integrieren”, ist ihr Tipp. Sie mahnt hingegen: “Wir wissen, reines auf der Couch abhängen, chillen, am Handy scrollen, Serien streamen – all das ist nicht wirklich aktive Regeneration und gesundheitsförderlich.”