US-Regierung sucht nach Drittstaaten, die Migranten aufnehmen

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Donald Trump versprach im Wahlkampf Abschiebungen von Migranten in einem bisher nie dagewesenen Ausmaß. Um dies umzusetzen, arbeitet die Regierung unter anderem daran, dass mehr Drittländer Migranten aus den Vereinigten Staaten aufnehmen. Au­ßen­minister Marco Rubio formulierte es in einer Kabinettssitzung im Frühjahr so: Man wolle diesen Ländern „einige der verabscheuungswürdigsten Menschen“ schicken. „Je weiter weg von Amerika, desto besser, damit sie nicht über die Grenze zurückkommen können.“

Am Wochenende meldete die Trump-Regierung einen jüngsten Erfolg. Das Heimatschutzministerium gab bekannt, nach „wochenlangen Verzögerungen durch aktivistische Richter“ habe man endlich acht „barbarische, gewalttätige, kriminelle illegale Einwanderer“ nach Südsudan abgeschoben. Die stellver­tretende Heimatschutzministerin Tricia McLaughlin äußerte, „diese Gestörten“ („sickos“) seien am Nationalfeiertag abgeschoben worden. „Ein Sieg für die Rechtsstaatlichkeit und die Sicherheit der amerikanischen Bevölkerung“. Zuvor wurden die Männer Wochen auf ei­nem amerikanischen Militärstützpunkt in Djibouti festgehalten.

Das höchste Gericht machte es möglich

Eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs Ende Juni machte die Abschiebung nach Südsudan nach längerem juristischen Streit schließlich möglich. Menschenrechtsaktivisten und Einwanderungsanwälte kritisierten den Schritt jedoch scharf. Das amerika­nische Außenministerium selbst stuft Südsudan in die höchste von vier Gefahrenkategorien ein: Von Reisen wird abgeraten. Im März war wegen der Sicherheitslage nicht unbedingt notwendiges amerikanisches Regierungsper­sonal aus dem Land abgezogen worden. Auf der Website des Ministeriums heißt es, wegen der Gefahr von „Verbrechen, Entführungen und bewaffneten Konflikten“ solle man von Reisen absehen. In dem ostafrikanischen Land droht nach Einschätzungen von Fachleuten ein Bürgerkrieg.

Die amerikanische Regierung schob neben einem Südsudanesen jedoch auch Männer aus Vietnam, Mexiko, Laos, Kuba und Myanmar dorthin ab. Es ist bislang nicht bekannt, ob sie festgenommen wurden oder welcher Umgang mit ihnen vorgesehen ist. Bei früheren Abschiebungen nach El Salvador wurden Migranten in Hochsicherheitsgefängnissen untergebracht. Andere Überlegungen sehen jedoch auch vor, dass Abgeschobene die Möglichkeit haben, im jeweiligen Land einen legalen Aufenthaltsstatus zu erwerben oder in ihr Heimatland zurückzukehren. Vor Gericht äußerte das Justizministerium in diesem Fall nur, den Männern würde ein Einwanderungsstatus gewährt, der es ihnen erlaube, zumindest vorübergehend im Land zu bleiben.

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Der Oberste Gerichtshof entschied vor zwei Wochen indirekt in der Sache. Das konservativ dominierte Gericht gab einem Eilantrag der Regierung statt, der sich gegen einen Bundesbezirksrichter in Massachusetts richtete. Dieser hatte die Abschiebungen nach Südsudan vorerst gestoppt und geurteilt, es müsse – auch für verurteilte Straftäter – eine 15 Tage lange Frist für die Möglichkeit zum Einspruch geben, bevor Menschen in Länder abgeschoben werden, zu de­nen sie keinerlei Verbindung haben. Zuvor hatte der Bezirksrichter auch Abschiebungen nach Libyen gestoppt. Nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs konnte die amerikanische Regierung jedoch mit ihrem Vorhaben fortfahren, die Männer aus Djibouti schließlich nach Südsudan zu bringen.

Trump will ein Netzwerk schaffen

Die drei linksliberalen Obersten Richterinnen übten in einer abweichenden Meinung scharfe Kritik an dem Vorgehen. Sonia Sotomayor schrieb, die unangekündigten Abschiebungen seien „zweifellos illegal“. Die Regierung wolle Personen, „in den Südsudan schicken, wo sie den lokalen Behörden übergeben werden, ohne Rücksicht auf die Wahrscheinlichkeit, dass ihnen Folter oder Tod drohen“. Die Richterinnen verwiesen auch darauf, dass der Kongress Abschiebungen in Drittstaaten nur unter strengen Voraussetzungen erlaube. Sie seien nur zulässig, wenn sämtliche andere Optionen geprüft und als „nicht durchzuführen, nicht ratsam oder unmöglich“ eingestuft worden seien. Au­ßerdem habe jeder das Recht auf ein rechtsstaatliches Verfahren.

Proteste gegen Trumps Migrationspolitik im Juni in Los Angeles
Proteste gegen Trumps Migrationspolitik im Juni in Los AngelesEPA

Die Frau eines abgeschobenen Vietnamesen berichtete amerikanischen Me­dien, sie hätte angenommen, dass er nach Vietnam gebracht werde. Stattdessen habe man ihn in der Nacht geholt und in ein Flugzeug nach Südsudan gesetzt. Alle acht dorthin abgeschobenen Migranten waren in den Vereinigten Staaten wegen schwerer Verbrechen verurteilt worden, darunter Mord, Drogenhandel und Kindesmissbrauch. Zu Beginn des Rechtsstreits über die Abschiebung präsentierte die Regierung in einer Pressekonferenz die einzelnen Fälle, zeigte Fotos der Männer und zählte ihre Verbrechen auf. Laut Medienberichten hatten die meisten ihre Strafen abgesessen oder standen kurz vor der Freilassung.

In der Vergangenheit haben sowohl republikanische als auch demokratische Regierungen andere Staaten aufgefordert, eigene Staatsbürger wieder zurückzunehmen. Doch Präsident Trump will ein Netzwerk von Ländern schaffen, die bereit sind, Migranten aus den Vereinigten Staaten aufzunehmen, die aus aller Welt stammen. Wie die „New York Times“ jüngst berichtete, hat sich die Regierung mit diesem Wunsch an mindestens 29 Länder in Europa, Lateinamerika, Afrika und Asien gewendet. Amerikanische Diplomaten im Ausland sollten außerdem mit weiteren 29 Ländern Kontakt aufnehmen, die zum größten Teil auf dem afrikanischen Kontinent liegen. Auf den Listen stehen demnach unter anderen Syrien, Libyen, Tadschikistan und Äquatorial Guinea.

Millionen Dollar für willige Länder

Zugestimmt haben nach Informationen der Zeitung bislang sieben Staaten: Costa Rica, El Salvador, Guatemala, Ko­sovo, Mexiko, Panama und Ruanda. Im Falle El Salvadors hatten die Vereinigten Staaten im Frühjahr sechs Millionen Dollar im Gegenzug dafür gezahlt, dass Präsident Nayib Bukele etwa 200 Venezolaner, angebliche Mitglieder der Verbrecherbande „Tren de Aragua“, in ei­nem Hochsicherheitsgefängnis in seinem Land unterbringt. Beamte der Ein­wanderungsbehörde hatten später ge­äu­ßert, viele der Männer hätten kei­nerlei Vorstrafen gehabt. Die amerika­ni­sche Regierung behauptete dagegen, das „Fehlen spezifischer Informationen“ über die Personen unterstreiche das von ihnen ausgehende Risiko.

Es ist nicht bekannt, was Südsudan im Gegenzug für die Aufnahme der acht Männer erhält. Doch die amerikanische Regierung hat in ihrem Bemühen, mehr aufnahmewillige Länder zu finden, offenbar vermehrt auf Staaten zurück­gegriffen, die neuen Einreiseverboten in die Vereinigten Staaten unterliegen – wie Südsudan. In einem Telegramm des Außenministeriums von Mitte Juni, das der „New York Times“ vorlag, hieß es, infrage kommende Länder könnten im Gegenzug möglicherweise von der Verbotsliste gestrichen werden.

Für Trump sind die Abschiebungen in Drittstaaten ein weiteres Mittel der Abschreckung. Aufmerksamkeit erregte etwa auch der Fall von etwa 300 Personen aus vornehmlich Afrika und Zentralasien, die im Februar nach Panama gebracht wurden und unter denen auch Asylbewerber waren. Sie wurden zunächst in ein Hotel in Panama City gebracht; wer sich der Rückreise in sein Heimatland verweigerte, wurde jedoch in ein abgelegenes Lager in der Darien-Provinz gebracht und nach Klagen erst nach Wochen wieder freigelassen. Die Vereinigten Staaten haben Abkommen mit Panama und Costa Rica geschlossen, die vorsehen, dass diese Länder als „Brücken“ für Migranten auf deren Rückweg in das Heimatland fungieren.