EU-Delegation wird nach Eklat aus Libyen abgewiesen

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Beim Besuch der Innenminister dreier Mittelmeeranrainer und des EU-Innenkommissars Magnus Brunner in Libyen ist es am Dienstagabend zu einem diplomatischen Eklat gekommen. Der Österreicher Brunner und die Minister aus Griechenland, Italien und Malta hatten zunächst in der Hauptstadt Tripolis mit der international anerkannten Regierung unter Ministerpräsident Abdul Hamid Dbaiba über die weitere Zusammenarbeit im Kampf gegen das Schleuserunwesen und die illegale Migration über das zentrale Mittelmeer gesprochen.

Am Nachmittag flog die EU-Delegation dann von Tripolis nach Benghasi im Osten des Landes, um mit der dortigen Führung unter dem abtrünnigen General Chalifa Haftar ebenfalls über die Kooperation im Kampf gegen den Menschenhandel zu sprechen.

Am Flughafen von Benghasi wurden die Europäer aber nicht wie erwartet von Osama Hammad empfangen, dem Ministerpräsidenten der international nicht anerkannten Gegenregierung in der Cyrenaika. Stattdessen übergab ein Emissär des von General Haftar und dessen Söhnen kontrollierten Regimes den EU-Vertretern ein Schreiben, in welchem diesen ein schwerer Verstoß gegen diplomatische Gepflogenheiten und die Verletzung der „nationalen Souveränität Libyens“ vorgeworfen wurde. Außerdem wurden Brunner und die drei Minister zu „unerwünschten Personen“ erklärt und zum sofortigen Verlassen Benghasis aufgefordert.

Zuletzt deutlich mehr Ankünfte von Migranten auf Kreta

Für den Eklat ist in erster Linie die Regierung in Rom verantwortlich, weil der Besuch der Delegation in beiden Landesteilen vom EU-Botschafter in Tripolis, dem Italiener Nicola Orlando, vorbereitet worden war. Der italienische Innenminister Matteo Piantedosi hatte erst im Juni in Rom Saddam Haftar empfangen, den Sohn und designierten Nachfolger des 81 Jahre alten Generals.

Bei dem Besuch der EU-Delegation hätten nicht näher bezeichnete „künftige Investitionen“ in der abtrünnigen Region im Osten Libyens vereinbart werden sollen. Sowohl mit der Regierung in Tripolis als auch mit dem Haftar-Regime in Benghasi bestehen Vereinbarungen Italiens und der EU zum Kampf gegen Schleuserbanden, die Migranten aus Subsahara-Afrika über den Maghreb und das zentrale Mittelmeer nach Europa bringen.

Zuletzt hatten die griechischen Behörden eine starke Zunahme der Ankünfte auf der Insel Kreta registriert. Alle Flüchtlingsboote seien von der Hafenstadt Tobruk im äußersten Osten Libyens gekommen, der vom Haftar-Regime kontrolliert wird. Nach Angaben der griechischen Küstenwache ist die Zahl der bis Ende Juni auf Kreta eingetroffenen Migranten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund 350 Prozent auf mehr als 7100 gestiegen.

Die Mittelmeeranrainer Griechenland, Italien und Malta fürchten eine weitere Zunahme der Zahl der Bootsmigranten, sollte es bei der Zusammenarbeit mit der Regierung in Tripolis und namentlich dem Regime in Benghasi beim Kampf gegen den Menschenhandel über das Mittelmeer zu dauerhaften Irritationen kommen. Dem Regime in Benghasi geht es offenbar nicht nur um den fortgesetzten Geldfluss aus der EU zur Unterstützung der eigenen Küstenwache, sondern auch um die Anerkennung als legitimer Akteur auf Augenhöhe mit der EU und der Staatengemeinschaft – neben der international anerkannten Regierung in Tripolis.