Donald Trump hat seine Serie von Zollbriefen fortgesetzt und Brasilien zum Ziel seiner bislang schärfsten Attacke gemacht. Der US-Präsident drohte der größten Volkswirtschaft Lateinamerikas mit einem Importzoll von 50 Prozent, der am 1. August wirksam werden soll. Sein Zollbrief an den brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva unterscheidet sich erheblich von den mehr als zwanzig Schreiben, die er in den vergangenen Tagen an die Regierungschefs anderer Länder wie Japan, Südkorea oder Südafrika verschickt hat. Nicht nur ist der jetzt angekündigte Zoll viel höher als die Abgaben, die für die anderen Länder festgelegt wurden – und auch weitaus höher als die 10 Prozent, die bisher für Brasilien im Raum standen. Trump begründet die Abgaben auch ganz anders.
In den bisherigen Mahnbriefen führte Trump unfaire Handelsbedingungen als wesentliches Argument an, diesmal stellt er Politik in den Vordergrund. Er beginnt seinen Brief mit seinem Unmut über das derzeit laufende strafrechtliche Gerichtsverfahren gegen den früheren brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro, der ein enger politischer Verbündeter ist. Bolsonaro muss sich derzeit vor dem Obersten Gerichtshof zusammen mit anderen Angeklagten wegen des Vorwurfs verantworten, nach seiner Niederlage bei den Wahlen 2022 einen Staatsstreich organisiert zu haben, um einen Regierungswechsel zu verhindern.
Trump fordert Ende der „Hexenjagd“ gegen Bolsonaro
Trump schrieb jetzt, Brasiliens Umgang mit Bolsonaro sei eine „internationale Schande“ und eine „Hexenjagd, die unverzüglich enden sollte“. Schon zu Beginn dieser Woche hatte Trump das Verfahren auf seiner Plattform Truth Social scharf kritisiert und dabei auch einen Vergleich zu sich selbst gezogen. „Lasst Bolsonaro allein!“, schrieb Trump in Großbuchstaben. Der frühere brasilianische Präsident habe sich nichts zuschulden kommen lassen, die Klage gegen ihn sei nichts weiter als eine Attacke auf einen politischen Gegner. „Darüber weiß ich sehr viel! Es ist mir selbst passiert, zehn Mal so heftig.“ Trump hat auch seine eigenen politischen Widersacher in den USA oft beschuldigt, „Hexenjagden“ gegen ihn zu betreiben.
In seinem Zollbrief warf Trump Brasilien „hinterhältige Angriffe auf freie Wahlen“ vor. Daneben führte er als Begründung für die Zolldrohung auch den Umgang des Obersten Gerichtshofs mit amerikanischen Internetkonzernen an. Die Richter haben vor wenigen Wochen entschieden, dass Online-Plattformen für illegale Inhalte ihrer Nutzer direkt haftbar gemacht werden können. Dies würde für Unternehmen wie Meta, Google oder X gelten. Im vergangenen Jahr hatte sich einer der Verfassungsrichter schon eine öffentlichkeitswirksame Auseinandersetzung mit X geliefert. Er blockierte die Plattform, nachdem sie einer Forderung nicht nachgekommen war, Nutzerkonten zu sperren, die nach seiner Auffassung gesetzeswidrige Inhalte verbreitet hatten. Die X-Blockade in Brasilien dauerte mehr als einen Monat.
Trump sagte, wegen der „fortgesetzten Attacken“ auf amerikanische Digitalunternehmen weise er den US-Handelsbeauftragten Jamieson Greer auch an, eine sogenannte „Section 301“-Untersuchung Brasiliens zu starten. Solche Ermittlungen sind dazu gedacht, etwaige unfaire Praktiken von Handelspartnern zu überprüfen. In den anderen Zollbriefen war von ihnen nicht die Rede.
USA haben mit Brasilien einen Handelsüberschuss
Jenseits der politischen Gründe beschrieb Trump in seinem Schreiben auch die Handelsbeziehung zu Brasilien als „sehr unfair“, und er sprach von einem „Handelsdefizit“. Allerdings haben die Amerikaner mit Brasilien kein Defizit, sondern einen Handelsüberschuss. Im vergangenen Jahr exportierten sie Waren im Wert von knapp 50 Milliarden Dollar nach Brasilien, das Importvolumen lag bei rund 42 Milliarden Dollar. Brasilien exportiert unter anderem Erdölprodukte, Stahl, Agrarprodukte und Flugzeuge in die USA. Der Aktienkurs des brasilianischen Flugzeughersteller Embraer fiel nach Trumps Ankündigung am Mittwoch im nachbörslichen Handel deutlich. Der brasilianische Real verlor gegenüber dem US-Dollar an Wert.
Wie im Fall der anderen Briefe stellte Trump auch Brasilien in Aussicht, „Anpassungen“ an den angedrohten Zöllen vorzunehmen, sollte das Land Handelsbarrieren abbauen. Sowohl nach oben als auch nach unten könne es Veränderungen geben.
Brasilien war zunächst noch glimpflich davongekommen, als Trump Anfang April für Dutzende von Ländern und Regionen Zölle bekanntgab. Für das südamerikanische Land sollte demnach der allgemeine „Basiszollsatz“ von 10 Prozent gelten, während für viele andere Länder deutlich höhere Zölle angekündigt wurden. Dafür fällt der Sprung auf die 50 Prozent nun besonders groß aus. Viele der anderen Zölle, die Trump in seinen Briefen in dieser Woche angedroht hat, bewegten sich in etwa auf Höhe dessen, wovon auch schon im April die Rede war.