Wie Trump seine Russlandpolitik korrigiert

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Donald Trumps Lernkurve in der Ukrainepolitik hat offenbar Teile seiner eigenen Regierung überrascht. Wie amerikanische Medien am Mittwoch berichteten, hatte es Verteidigungsminister Pete Hegseth in der vergangenen Woche versäumt, das Weiße Haus über den kurzzeitigen Lieferstopp für Waffen an Kiew zu unterrichten. Am Mittwoch wich der Präsident Fragen nach der Anordnung aus. Tags zuvor war er während einer Kabinettssitzung von einer Journalistin gefragt worden, wer die Unterbrechung angeordnet habe. Antwort: „Ich weiß es nicht. Warum sagen Sie es mir nicht?“ Hegseth saß dabei neben ihm.

Trump fügte noch hinzu, Washington werde einige „Defensivwaffen“ nach Kiew liefern. Dem habe er zugestimmt. Das Pentagon teilte später mit, Hegseth habe dem Weißen Haus einen Rahmenplan zukommen lassen, um Hilfslieferungen und Waffenvorräte des amerikanischen Militärs in anderen Weltregionen zu überprüfen. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, bestätigte, die Überprüfung der Vorräte durch das Pentagon solle sicherstellen, dass Rüstungshilfe alle Verbündeten erreiche. Offenbar ist das Verteidigungsministerium der Auffassung gewesen, Waffenlieferungen für die Ukraine müssten ausgesetzt werden, etwa um Israel weiter bei der Luftverteidigung helfen zu können beziehungsweise um den indopazifischen Raum nicht aus den Augen zu verlieren. Als Trump von der Entscheidung erfuhr, wies er Hegseth an, die Waffenlieferungen aus Lagerbeständen in Polen wieder aufzunehmen. Leavitt hob hervor, Trump habe „volles Vertrauen“ in seinen Verteidigungsminister.

Im Pentagon verantwortlich für die Überprüfung der Lagerbestände in unterschiedlichen Erdteilen war Staatssekretär Elbridge Colby. Er ist dafür bekannt, eine „Europe first“-Strategie in der amerikanischen Sicherheitspolitik abzulehnen. Er will sein Augenmerk vielmehr auf China richten. Colbys Empfehlung ging an Steve Feinberg, den stellvertretenden Minister. Am Ende gab Hegseth seine Zustimmung.

Trumps scheint ernüchtert von Putin

Trump, der gemeinsam mit Vizepräsident J. D. Vance noch im Februar den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Oval Office gedemütigt hatte, sagte weiter, Kiew brauche die Waffen, um sich zu verteidigen. Mit Blick auf seine frühere Opposition gegen die amerikanische Militärhilfe für die Ukraine unter seinem Vorgänger Joe Biden fügte er hinzu: Die Ukrainer seien sehr tapfer, ganz gleich, ob man es für unfair halte, dass Washington all das Geld ausgegeben habe. Er bestätigte zudem, dass er die Lieferung von Flugabwehrraketen des Typs Patriot in die Ukraine in Erwägung ziehen werde.

Die Kurskorrektur gegenüber der Ukraine korrespondiert mit Trumps Ernüchterung über den russischen Machthaber Wladimir Putin. Inzwischen nimmt der Präsident kein Blatt mehr vor den Mund: „Wir bekommen eine Menge Blödsinn von Putin aufgetischt, wenn Sie die Wahrheit wissen wollen“, sagte er in jener Kabinettssitzung nicht nur in Bezug auf sein Telefonat mit dem Präsidenten in der vergangenen Woche. „Putin“, so Trump weiter, „tötet zu viele Menschen“.

Trump zeigt sich offen für Sanktionen gegen Russland

Der Präsident bewegt sich nicht nur in der Frage der Waffenlieferungen an die Ukraine, sondern auch mit Blick auf neue Sanktionen gegen Russland. Seit Wochen wartet der Senat auf ein Signal aus dem Weißen Haus, um ein Sanktionsgesetz aus der Feder von Lindsey Graham, dem republikanischen Russland-Falken, ins Plenum einzubringen. Nun signalisierte das Weiße Haus, grundsätzlich offen für den Schritt zu sein. Jedoch besteht Trump offenbar auf Änderungen, die seinen außenpolitischen Spielraum sichern sollen.

Der gegenwärtige Entwurf sieht vor, dass der Präsident die in dem Gesetz enthaltenen Strafzölle gegen Drittstaaten, die von Russland Öl und Uran erwerben, bis zu 180 Tage aussetzen kann. Graham soll Trump nun bedeutet haben, dass er den Entwurf überarbeiten würde, um dem Präsidenten eine zusätzliche Frist zu gewähren, die Strafmaßnahmen nicht zu verhängen. Der Senat könnte diese zweite Fristverlängerung nur durch ein Votum von mindestens 60 Senatoren überstimmen. Trump geht es dabei nicht nur um Spielraum in der Frage der Russlandsanktionen, die neben Drittstaaten auch den Aggressor treffen würden. Er will generell deutlich machen, dass er als Präsident die Außenpolitik bestimmt. Mikromanagement durch den Kongress lehnt er ab.

Dass Trump aber überhaupt bereit ist, ein Sanktionsgesetz zu unterzeichnen, ist ein Zeichen für seine Frustration über Putin, von dem er sich manipuliert fühlt. Er sagte am Dienstag, er prüfe das Sanktionsgesetz sehr ernsthaft. John Thune, Mehrheitsführer der Republikaner im Senat, spricht noch vorsichtig von „substantiellem Fortschritt“ in den Gesprächen mit dem Weißen Haus über den Entwurf. Er sagte am Mittwoch, der Gesetzentwurf könnte noch im Juli in den Senat eingebracht werden. Noch werde aber über Details beraten.

Moskau reagiert unbeeindruckt

Graham, dessen Entwurf fraktionsübergreifend unterstützt wird, zeigte sich zuversichtlich, dass Trump das Gesetz unterstützen werde, da er als Präsident die Kontrolle darüber behalte, wie die Sanktionen umgesetzt würden. Mike Johnson, der republikanische Sprecher im Repräsentantenhaus, sagte gar, Putin habe seinen Unwillen gezeigt, ernsthaft über einen Weg zum Frieden zu reden. „Ich glaube, wir müssen ihm eine Botschaft senden.“

Moskau reagierte im Übrigen nach außen hin unbeeindruckt auf Trumps neue Töne. „Wir sehen das ziemlich gelassen“, sagte Kremlsprecher Dmitrij Peskow. Die Rhetorik Trumps zeichne sich seit jeher durch eine „ziemlich harte Stilistik“ aus. Daher setze Russland auf die Fortsetzung des Dialogs mit den Vereinigten Staaten.