Die einschlägigen Immobilienportale im Internet sind für Wohnungssuchende ein Ort des Grauens. Ob in München, Berlin oder Frankfurt – unter 15 Euro Kaltmiete je Quadratmeter findet sich dort kaum noch etwas. Verzweifelte Tauschgesuche wechseln sich ab mit fragwürdigen Angeboten, in denen ein Sperrmüll-verdächtiges Sofa Ausweis einer möblierten Wohnung sein soll. Auf den Wartelisten kommunaler Wohnungsunternehmen hoffen Zehntausende auf Losglück für den selten gewordenen Fall, dass mal eine Wohnung frei wird.
Das ist nicht nur für die Suchenden ein Ärgernis, sondern auch volkswirtschaftlich ein Problem. Fachkräfte meiden Umzüge, obwohl sie andernorts ihre Arbeitskraft besser einsetzen könnten. Auch Arbeitskräfte aus dem Ausland schreckt die Misere auf dem Wohnungsmarkt ab.
Seit rund zehn Jahren dauert diese Krise nun schon an und es sieht nicht danach aus, dass sie bald überstanden ist. Der von der Ampelkoalition vorbereitete und jetzt von Bauministerin Verena Hubertz (SPD) in den Bundestag eingebrachte „Bauturbo“ verfolgt zwar einen guten Ansatz. Er ermöglicht es Kommunen, von den langwierigen Bebauungsplanverfahren abzuweichen, um den Wohnungsbau zu beschleunigen. Aber ob das Gesetz in dem erhofften Maß Wirkung zeigen wird, ist fraglich.
Die Mietpreisbremse wird oft ignoriert
Besonders in Städten, in denen die Grünen mitregieren, dürfte die Bereitschaft eher gering sein, die neuen Möglichkeiten auszuschöpfen. Ziele wie der Natur- und Artenschutz werden dort höher gewichtet als die Schaffung von Wohnraum – auch aus Rücksicht auf alteingesessene Wähler, die sich gegen Neubauvorhaben in der Nachbarschaft wehren.
Auch die kürzlich vom Bundestag bis Ende 2029 verlängerte Mietpreisbremse hat mehr den Charakter eines Placebo-Gesetzes. Die Mietpreisbremse besagt, dass in angespannten Wohnungsmärkten die Miete in neuen Verträgen maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Es ist jedoch ein offenes Geheimnis, dass diese Vorgabe in der Praxis vielfach ignoriert wird. Vermieter rufen deutlich höhere Preise auf und Mieter zahlen sie. Teils notgedrungen, weil sie nichts anderes finden, teils freiwillig, weil ihnen der höhere Preis für die Wohnung angemessen erscheint.
Nach der Verlängerung möchte Justizministerien Stefanie Hubig, ebenfalls SPD, die Mietpreisbremse nun noch nachschärfen. Auch nach 2014 fertiggestellte Wohnungen, für die bislang eine Ausnahme gilt, sollen einbezogen werden. Möblierungszuschläge sollen genau aufgeschlüsselt und Verstöße gegen die Mietpreisbremse mit einem Bußgeld bewehrt werden.
Wer eine günstige Wohnung hat, gibt sie nicht wieder her
Es bedarf nicht viel Phantasie um zu ahnen, dass private Investoren eine solche Verschärfung als Signal verstehen würden, sich vom Wagnis Mietwohnungsbau in Deutschland besser fernzuhalten. Anders als von SPD, Grünen und Linkspartei mitunter suggeriert, werden die Wohnungsunternehmen der öffentlichen Hand allein den Bedarf aber nicht decken können.
Zwei Zahlen aus dem jüngsten Zensus zeigen die Dysfunktionalität der bisherigen Mietenpolitik. In den 14 größten deutschen Städten betrug die durchschnittliche Kaltmiete in laufenden Mietverhältnissen im Jahr 2022 im Schnitt 8,65 Euro je Quadratmeter. Die mittlere Angebotsmiete für neue Verträge lag dagegen bei 13,43 Euro.
Der Abstand zwischen günstigen Alt- und teureren Neuverträgen ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen. Er hat sich zu einer Umzugsbremse entwickelt. Wer eine günstige Wohnung hat, gibt sie nicht wieder her, selbst wenn er etwa nach dem Auszug der Kinder mit weniger Platz auskäme. Der Wohnungsmarkt ist deshalb wie festbetoniert.
Niemand will in deutschen Großstädten Verhältnisse wie in London, Paris oder Dublin, wo sich angesichts von Quadratmetermieten jenseits der 30-Euro-Marke selbst Gutverdiener kaum noch eine Wohnung leisten können. Von solchen Verhältnissen wäre Deutschland aber auch mit einer schrittweisen Heranführung der Bestands- an die Marktmieten noch weit entfernt.
Begleitet werden müsste eine solche Deregulierung durch eine wirksame Neubauoffensive. Der Bund könnte seine Zuschüsse für den sozialen Wohnungsbau zum Beispiel an die Auflage koppeln, dass die Länder mehr Bauland ausweisen. Die Länder wiederum könnten mit einer höheren Grundsteuer für unbebaute Grundstücke die Spekulation auf Wertzuwächse unattraktiver zu machen. Wenn die Politik sich dagegen weiter darauf konzentriert, Mieter mit günstigen Altverträgen zu schützen, wird diese Wohnungskrise niemals enden.