„Nicht für immer mehr Wohlfahrt sorgen“

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Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) hat eine disziplinierte Haushaltsführung auf Bundesebene angemahnt. Deutschland müsse „nicht für immer mehr Wohlfahrt sorgen“, sondern für mehr Wachstum, sagte er der F.A.Z. vor der Sitzung des Bundesrates am Freitag. Der Bundesrat wird dort über den Bundeshaushalt debattieren und über das Investitionssofortprogramm zur Stärkung der Wirtschaft abstimmen, das im Bundestag bereits beschlossen wurde.

Rhein sagte, die Ausgaben für das Bürgergeld müssten sinken, es müssten härtere Sanktionen gegen Arbeitsverweigerer verhängt werden. Es sei „angesichts unserer Wachstumsschwäche und des Fachkräftemangels Zeit für eine positive Leistungskultur“. Er plädiert für Maßnahmen, um mehr Bürgergeldempfänger in Arbeit zu bringen. „Wenn wir 100.000 Menschen in Arbeit bringen, können wir dadurch im Bürgergeld bis zu drei Milliarden Euro einsparen“, sagte Rhein. Die Frage danach, welche Kürzungen er bei den Sozialleistungen für denkbar hält, ließ Rhein unbeantwortet. Dem geplanten Investitionsprogramm werde die hessische Landesregierung zustimmen.

Dass Rhein den Wunsch nach einem Paradigmenwechsel hin zu mehr Anreizen für Arbeit nicht mit Kürzungsvorschlägen im Sozialetat hinterlegt, passt ins Bild der unionsgeführten Bundesländer. Zwar schwelt in der Union eine Unzufriedenheit darüber, dass Schwarz-Rot bislang keine wesentlichen Minderausgaben beschlossen hat, konkrete Vorschläge hierzu sind in der ersten Reihe allerdings selten.

Söder wird nicht konkret, Wüst und Günther kritisch

Der bayerische Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) kündigte eine Zustimmung Bayerns zum Investitionsprogramm wie auch zum Haushaltsentwurf im Bundesrat an – „weil wir hinter dem Konzept des Bundes stehen“. Er verwies gegenüber der F.A.Z. auf die von Ministerpräsident Markus Söder bereits geäußerten Konsolidierungsvorschläge. Dazu gehörten Einsparungen beim Bürgergeld und bei der Förderung der Wärmepumpe. Diese dürften laut Herrmann auch in der bayerischen Koalition mit den Freien Wählern Konsens sein.

CSU-Chef Söder hatte zuletzt bei der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft gesagt, er hoffe, dass durch „Maßnahmen, die wir ab diesem Herbst einleiten“, Summen frei werden, „die dann in den Aufschwung investiert werden können“. Konkret sprach er von einer „Reform“ des Bürgergelds und „anderer Sozialbereiche“, zumal es „explodierende Sozialkosten“ gebe. Er sprach auch von einem „klaren Richtungswechsel bei der Migration“. Söder wollte sich auf F.A.Z.-Anfrage jedoch nicht zum Bundeshaushalt und zu weiteren Einsparmöglichkeiten äußern.

Dass die im Koalitionsvertrag angekündigte Senkung der Stromsteuer für alle vorerst doch nicht beschlossen wird, hatten die CDU-Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (Nordrhein-Westfalen) und Daniel Günther (Schleswig-Holstein) in den vergangenen Tagen kritisiert. Den Beschluss des Koalitionsausschusses, die Stromsteuer zunächst nur begrenzt zu senken, die Mütterrente aber möglichst früh auszuweiten, nannte Günther eine „eigenartige Prioritätensetzung“. Wüst sprach von einem „zentralen Entlastungsversprechen“, das nicht eingehalten werde.