Bei einem Besuch im Flutgebiet von Texas hat der amerikanische Präsident Donald Trump den Angehörigen der mindestens 128 Todesopfer sein Beileid ausgesprochen. „Die Familien sind am Boden zerstört. Sie haben ein Kind verloren, einige sogar zwei“, sagte Trump nach dem Treffen, das am Freitagnachmittag (Ortszeit) abseits der Fernsehkameras in Kerrville, dem Verwaltungssitz des am schwersten getroffenen Bezirks Kerr, stattfand. Zuvor hatte sich der Präsident mit Einsatzkräften und der First Lady Melania Trump am Ufer des Guadalupe River ein Bild von der Zerstörung gemacht. „Ein kleiner enger Fluss wurde zu einem Monster“, fasste Trump die Sturzflut des 4. Juli zusammen, die meterhohe Wälle aus Autowracks, Haustrümmern und entwurzelten Bäumen zurückließ.
Bei einem Roundtable mit dem texanischen Gouverneur Greg Abbott, der Ministerin für Innere Sicherheit, Kristi Noem, Abgeordneten und Rettungskräften verglich der Präsident die Sturzflut später mit anderen Naturkatastrophen. „Ich habe viele Regionen nach Hurrikanen und Tornados erlebt. Aber so etwas wie hier habe ich noch nie gesehen“, sagte der Republikaner.
Debatte über Warnsystem der Behörden
Auf die Frage einer Journalistin des Senders CBS, ob frühere Warnungen Menschenleben gerettet hätten, lobte Trump die Einsatzkräfte, bevor er die Journalistin „bösartig“ nannte. In den vergangenen Tagen waren wiederholt Vorwürfe laut geworden, die nach Trumps Wiedereinzug in das Weiße Haus ausgerufenen Streichungen von Stellen beim Nationalem Wetterdienst (NWS) hätten zu verspäteten Warnungen geführt. Wie der NWS mitteilte, gab die Behörde aber nach ungewöhnlich heftigen Regenfällen am 4. Juli schon gegen 1 Uhr die ersten Flutwarnungen heraus. Als der Pegel des Guadalupe Flusses einige Stunden später innerhalb von 45 Minuten um fast acht Meter stieg, wurden dennoch Hunderte in ihren Betten von der Flut überrascht.
Der New Yorker Senator Chuck Schumer forderte inzwischen eine Untersuchung zu möglichen Verzögerungen durch die gestrichenen Stellen des National Weather Service. Zudem verlangte der Demokrat, die von Trump in den vergangenen Monaten angedrohte Auflösung der nationalen Katastrophenschutzbehörde (FEMA) auszusetzen. Wie die „Washington Post“ am Freitag meldete, soll der Präsident nach dem Besuch im Flutgebiet bereit sein, an der Behörde festzuhalten. Laut Recherchen der Katastrophenschutzbehörde soll nicht sie, sondern die Verwaltung des Bezirks Kerr versäumt haben, Flutwarnungen rechtzeitig durch das sogenannte Integrated Public Alert & Warning (IPAWS) System an alle Mobiltelefone in der Region zu schicken. Im Unterschied zu benachbarten Bezirken verzichtete Kerr zudem auf Sirenen. Die Installation der Geräte war einigen Lokalpolitikern angeblich zu teuer.
Suche nach Vermissten geht weiter
Trump erinnerte am Freitag auch an die etwa 160 Bewohner und Urlauber, die weiterhin vermisst werden. Die letzten Überlebenden waren am 4. Juli, wenige Stunden nach der Sturzflut, gerettet worden. Die Gemeinden warnten derweil vor größeren Haufen aus Trümmern und Treibholz im Katastrophengebiet. „Wir suchen weiterhin nach Opfern. Benachrichtigt die Ortsverwaltung, und lasst euch eine Einsatzgruppe schicken. Unter größeren Bergen könnte ein Mensch liegen“, verwies die Website „Kerr Together“ auf die mögliche Entdeckung weiterer Opfer. Helfer wie Michael Guyer erzählten von Erschöpfung und Frustration. „Wir haben es mit Sand, Schlick und Trümmern zu tun. Wir graben stundenlang mit Schaufeln und finden oft nichts“, sagte er dem Sender CNN.
Allein im Bezirk Kerr meldeten die Behörden bis Freitag fast 100 Todesopfer, unter ihnen viele Kinder und Jugendliche aus Ferienlagern wie Camp Mystic am Ufer des Guadalupe River. Wie die Nachrichtenagentur AP berichtete, eröffneten FEMA, der Bundesstaat Texas und die Behörde für Kleinunternehmer (SBA) in der Kirche First Baptist in Kerrville ein Hilfszentrum, um Angehörigen und Überlebenden Bundesmittel und Dienstleistungen anzubieten. Organisationen wie das Community Council of South Central Texas hielten derweil Wischmopps, Eimer und Putzmittel bereit. „Viele Menschen haben nur leider keine Häuser mehr, die sie säubern könnten“, sagte Nina Ruiz, eine Sprecherin der Gruppe. Gemeinsam mit Gouverneur Abbott, einem seiner einflussreichsten Unterstützer, versprach Trump einen zügigen Wiederaufbau. Er gab sich aber vergleichsweise bescheiden. „Wir können nicht sagen, dass in Zukunft alles besser, größer und stärker wird. Dazu sind zu viele Leben verloren gegangen“, sagte der Präsident. „Aber wir werden es schaffen, uns zu erholen.“