Bärs Masterplan für ein Hightech-Deutschland

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Ob beim Einsatz von Robotern, dem autonomen Fahren oder der Entwicklung neuer Medikamente: Überall in der Industrie ist Künstliche Intelligenz (KI) Treiber des technischen Fortschritts. Bislang sind die Vereinigten Staaten und China die führenden Nationen auf diesem Gebiet. Mit dem Entwurf für die im Koa­litionsvertrag angekündigte „Hightech-Agenda“ will Forschungsministerin Do­rothee Bär (CSU) nun die Aufholjagd Deutschlands beginnen. Ziel ist es dem 35-seitigen Papier zufolge, dass im Jahr 2030 zehn Prozent des Brutto­inlands­produkts Deutschlands auf der Basis von KI erwirtschaftet werden.

Ein zentrales Element der Strategie ist das Bemühen der Bundesregierung, eine oder mehrere der bis zu fünf von der EU-Kommission ausgelobten „KI-Gigafactories“ nach Deutschland zu holen. Das Ministerium will dazu die Bewerbungen von Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus Deutschland bis Jahresende ko­ordinieren. „Die Betriebsaufnahme ist für Mitte 2027 geplant“, heißt es in dem Pa­pier aus Bärs Ministerium, das der F.A.Z. vorliegt. Die Nachrichtenagentur Reuters hatte zuerst darüber berichtet. Ein Kabinettsbeschluss zur Hightech-Agenda ist im Lauf des Juli geplant.

Deutschlandfonds soll KI-Technologien fördern

Mithilfe der KI-Rechenzentren sollen Unternehmen Produktentwicklungen besser vorantreiben können. Im Juni war bekannt geworden, dass die Deutsche Telekom mit dem Chiphersteller Nvidia ein solches Hochleistungsrechenzentrum bau­en will. Nvidia-Chef Jensen Huang tauschte sich dazu mit Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) in Berlin aus. Die Hightech-Agenda war am Dienstag auch Thema während eines Treffens von Merz mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) auf der Zugspitze. Beide betonten dort die Bedeutung der Strategie für die Entwicklung Deutschlands.

Neben KI umfasst die Agenda auch die Bereiche Quantencomputing, Mikroelektronik, Biotechnologie, Kernfusion und klimafreundliche Mobilität. Derzeit steht Deutschland im Ruf, gut in der Erforschung neuer Technologien zu sein, we­niger dagegen in der Umsetzung dieser Erkenntnisse in die Praxis. „Studien errechnen ein Potential an zusätzlicher Wertschöpfung durch KI von 300 bis 400 Milliarden Euro pro Jahr in Deutschland und zehnmal so viel weltweit“, heißt es in dem Papier. Neben den verschie­denen, in der Strategie benannten Forschungs- und Umsetzungsinitiativen plant die Bundesregierung auch einen sogenannten Deutschlandfonds, der zukunftsträchtige Unternehmen mit Kapitalspritzen beim Wachsen unterstützen soll.

Kompetenzzentrum „Chip-Design“ soll entstehen

Noch in diesem Jahr will Deutschland der Strategie zufolge einen Forschungs­satelliten zur Quantenkommunikation in Betrieb nehmen, ein weiterer ist für 2026 geplant. Ebenfalls 2026 soll ein „Kompetenzzentrum Chip-Design“ entstehen, sowie eine „Forschungs- und Innovations­roadmap Fusionsenergie“, die das Mi­nisterium mit der Abkürzung FIRE versehen hat. Eine Forschungsoffensive zur Geothermie soll Antworten auf die Frage geben, wie die bislang großteils auf Gas und Öl basierende Wärmeversorgung in Deutschland künftig klimafreundlich erfolgen soll. Bis zum Ende der Legis­laturperiode soll zudem ein „AI Summit“ in Deutschland stattfinden. Für das Jahr 2030 gibt das Papier das Ziel aus, „zwei fehlerkorrigierte Quantencomputer auf europäischem Spitzenniveau zu reali­sieren und diese Nutzern zugänglich zu machen“.

Die CSU hatte in den Koalitionsverhandlungen auf ein aufgewertetes Forschungsministerium gedrängt. Es erhielt aus dem Wirtschaftsministerium zentrale Teile der Innovationspolitik wie die Agentur für Sprunginnovationen namens Sprind sowie die Zuständigkeit für die Raumfahrtpolitik. Mit einem Etat von rund 22 Milliarden Euro in diesem Jahr verfügt Bär nach den Ministerien für Ar­beit und Soziales, Verteidigung sowie Verkehr über einen der größten Etats innerhalb des Kabinetts.