Ein gutes Jahr ist es her, dass der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in seiner Regierungserklärung zur Modernisierung des Freistaats beklagte, Bürgerentscheide würden zunehmend „als Blockade“ gegen den Bau von Windrädern oder Krankenhäusern eingesetzt. Es brauche die richtige Balance „zwischen Allgemeinwohl und Partikularinteressen“. Hier gebe es Verbesserungsbedarf. Daher solle ein „Runder Tisch zur Weiterentwicklung von Bürgerentscheiden“ unter der Leitung des früheren Ministerpräsidenten Günther Beckstein (CSU) Reformempfehlungen erarbeiten.
Sechsmal hat sich das Forum seither getroffen, mitgemacht haben die Parteien sowie Verbände unterschiedlicher Couleur, und man ist inzwischen so weit gekommen, dass Beckstein noch vor der Sommerpause dem Kabinett einen Abschlussbericht vorlegen kann. In einer Pressekonferenz in der Staatskanzlei am Freitag war auffällig, dass Beckstein und auch Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) viele gute Worte fanden für die direkte Demokratie, die ob der vergleichsweise großen Zahl an Bürgerbegehren (fast 40 Prozent aller Bürgerbegehren in Deutschland) auch zum bayerischen Markenkern gezählt wird.
Herrmann sagte: „Dass Bürgerbegehren und Bürgerentscheide gut und wichtig sind, steht für uns, steht für die Staatsregierung völlig außer Frage.“ Aber sie müssten immer wieder kritisch dahingehend überprüft werden, ob sie noch effizient sind.
Die CSU sei zurückgerudert, freuen sich die Grünen
Konkret geändert werden soll, dass die Gültigkeit der Unterschriften, die für ein Bürgerbegehren gesammelt werden müssen, befristet wird, laut Beckstein auf sechs oder zwölf Monate. Gewisse Einigkeit herrschte auch darüber, dass die Krankenhausplanung von der Zugänglichkeit für Bürgerbegehren und -entscheide ausgenommen werden soll. Viele seien der Meinung gewesen, so Beckstein, es habe derzeit wenig Sinn, „viele Bürgerentscheide zu haben, wo dann später sich herausstellt, dass sie nicht beachtet werden“, weil etwa bundesrechtliche Vorgaben dagegenstünden.
Einzig Florian Streibl, Fraktionschef der Freien Wähler, ist anderer Meinung. „Bürgerbeteiligung ist kein Störfaktor, sondern Fundament unserer Demokratie. Gerade in politisch bewegten Zeiten ist es entscheidend, die Menschen mitzunehmen“, sagte Streibl der Deutschen Presse-Agentur. Weitgehend zufrieden zeigten sich dagegen Verbände und Oppositionsparteien. Die CSU sei in vielen Vorhaben inzwischen zurückgerudert, sagte die Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Landtag, Katharina Schulze.
Man habe „praktisch alles vom Tisch räumen“ können, hieß es vom Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern. Zunächst habe die Staatsregierung etwa vorgehabt, die Beteiligung bei allen Infrastrukturmaßnahmen mit überregionaler Bedeutung einzuschränken. Das hätte nach Angaben des Verbandes „Mehr Demokratie“ rund 50 Prozent aller Bürgerbegehren in Bayern betroffen.