Frankreich will besonderen Fluch gegen Deutschland beenden

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Vor dem Duell mit Deutschland gelten Frankreichs Frauen als Favoritinnen auf den EM-Titel. Dabei wirkt die Auswahl seit Jahren wie verflucht. Doch damit könnte jetzt Schluss sein.

An Frankreich hat die deutsche Frauen-Nationalelf bei einer Fußball-Europameisterschaft eigentlich gute Erinnerungen. Vor drei Jahren trafen die beiden Topnationen in England im Halbfinale aufeinander. Deutschland siegte vor mehr als 27.000 Fans in Milton Keynes dank der Treffer von Alexandra Popp mit 2:1 und zog ins Endspiel ein. Am Samstag kommt es zur Neuauflage des Nachbarschaftsduells bei der EM in der Schweiz im Viertelfinale (ab 21 Uhr im Liveticker bei t-online).

Die Rollen sind dabei überraschend klar verteilt. Deutschland geht nach dem 1:4 gegen Schweden, der höchsten Niederlage der eigenen EM-Geschichte, als Außenseiter in die Partie. Frankreich gilt dagegen aus gutem Grund als Favorit.

Das Team von Trainer Laurent Bonadei hat in der “Todesgruppe” D alle drei Spiele für sich entschieden. Neben Wales (4:1) besiegten die Französinnen auch die beiden letzten Europameister England (2:1) und die Niederlande (5:2). “Les Bleues” verfolgen in diesen Tagen einen klaren Plan: Der Fluch soll endlich enden.

Verflucht scheint die französische Auswahl nämlich bereits seit Jahren zu sein. Bei jedem Großturnier zählt Frankreich zwar zum erweiterten Favoritinnenkreis, doch ein Titel sprang in der Zeit noch kein einziges Mal heraus.

Endstation war in gruseliger Regelmäßigkeit das Viertelfinale. Bei den Europameisterschaften 2009, 2013 und 2017 war das der Fall. Auch bei den Olympischen Spielen 2016 und 2024 und den Weltmeisterschaften 2015, 2019 und 2023 kam das Aus in der Runde der letzten Acht.

Dabei gilt der französische Frauenfußball schon lange als einer der Vorreiter des Sports. Spitzenklub Olympique Lyon ist mit acht Champions-League-Siegen mit Abstand Rekordgewinner des Wettbewerbs. Französische Stars wie Innenverteidigerin Wendie Renard und Frankreichs Rekordtorschützin Eugénie Le Sommer prägten das Spiel über Jahre hinweg. Doch in der Landesauswahl schlug sich die hohe Qualität des nationalen Fußballs nie in großen Erfolgen nieder.

Um die Chancen auf einen großen Titel in Zukunft zu erhöhen, entschied sich Nationaltrainer Laurent Bonadei deshalb jüngst zu einem ungewöhnlichen Schritt. Renard und Le Sommer, die wohl aufgrund ihres Alters ihr letztes Turnier für Frankreich absolvieren hätten, wurden vom Coach nicht für die EM nominiert. Auch Kenza Dali, die seit 2014 für die französische Auswahl aktiv war, schaffte es nicht ins Aufgebot.

Bonadeis Entscheidung führte zu einer Menge Unverständnis, ganz besonders bei Wendie Renard. Die 34-Jährige, immerhin langjährige Kapitänin Frankreichs, machte ihrem Ärger über die Nichtnominierung in einem Interview bei “Martinique La Première” Luft, sprach von “Unverständnis und Ungerechtigkeit”. Des Weiteren betonte sie: “Ich kann morgens aufwachen und in den Spiegel schauen. Ich habe alles gegeben. Nur Gott weiß, warum ich nicht in dieser Liste stehe.”

Dabei hatte Bonadei eine Erklärung für seinen Beschluss geliefert. “Es ist keine Entscheidung gegen die Spielerinnen, sondern für die Zukunft der französischen Nationalmannschaft”, betonte er. Entschieden habe er sich für “andere Spielerinnen, die jünger sind und die Zukunft repräsentieren.”

So unpopulär Bonadeis Schritt bei Wendie Renard gewesen sein mag, so richtig scheint er für Frankreichs Nationalteam zu sein. Denn die Französinnen spielen seit Turnierbeginn in der Schweiz groß auf und sind plötzlich ganz heiße Anwärterinnen auf den EM-Titel.

Gegen den eigentlich leicht favorisierten Titelverteidiger England ließ Frankreich zu Turnierbeginn defensiv kaum etwas zu, schockte die “Lionesses” in der Offensive wiederum innerhalb von vier Minuten per Doppelschlag. Beide Treffer unterstrichen jeweils eine besondere Qualität der Auswahl.