Zurückweisungen an der Grenze könnten noch lange dauern

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Als der Kanzler neulich im Bundestag nach den Zurückweisungen gefragt wurde, sagte er: „Wir werden nicht auf Dauer in diesem Modus der Zurückweisungen arbeiten können. Wir wollen das nicht; das will auch der Bundesinnenminister nicht. Wir sind uns einig, dass wir hier so schnell wie möglich zu gemeinsamen europäischen Regeln kommen wollen.“ Das klang nachdenklich. Fast so, als wäre Friedrich Merz die Sache unangenehm. Als ginge es nicht darum, ob die Zurückweisungen enden, sondern nur noch darum, wann.

Das hängt wiederum davon ab, wie ein Ende begründet würde. Weil die Regeln des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) greifen? Weil Gerichte die Bundesregierung stoppen? Weil Brüssel protestiert? Weil die Nachbarländer die Geduld verlieren? Weil die SPD nicht mehr mitmacht? Weil die Asylzahlen eine bestimmte Grenze unterschreiten? Oder weil die Bundespolizei nicht mehr kann?

Wenn es nach der Gewerkschaft der Polizei geht, Unterbezirk Bundespolizei, sollte bald ein Ende in Sicht sein. Der Bezirksvorsitzende An­dreas Roßkopf versteht die Verhältnismäßigkeit nicht. Die Bundespolizei hat seit dem 8. Mai – als Bundesinnenminister Alexander Dobrindt die Zurückweisung anordnete – 400.000 Überstunden angehäuft. Seither wurden, Stand Mittwoch, 350 Asylsuchende abgewiesen. Das sind 1142 Überstunden pro verhindertem Asylbewerber. Oder, einen Stundenlohn von dreißig Euro unterstellt, 34.285 Euro je verhindertem Asylbewerber.

Und da hat sich Roßkopf noch nicht einmal warm geredet. Wenn im August die Bundesliga wieder startet, müssen Hundertschaften der Bundespolizei die teils gewaltbereiten Fans zu ihren Zügen begleiten. Die Beamten haben heute schon Zwölfstundentage, Fortbildungen werden verschoben. Die Kündigungsrate unter jungen Bundespolizisten ist auf dreißig Prozent gestiegen. Roßkopf sagt: „Wir kommen an einen Punkt, an dem wir dann massiv gegen Arbeitszeitverordnungen verstoßen. Wir müssen dringend wissen, wann wir wieder in den Normalbetrieb kommen.“

Landet die Sache vor dem EuGH?

Aber wann wäre das? Aufhören könnte Merz, wenn Gerichte ihn dazu zwingen. Ob Deutschland gegen Europarecht verstößt, ist unter Juristen umstritten. Nicht alle sehen es so wie die drei Richter am Verwaltungsgericht Berlin. Als diese Anfang Juni Zurückweisungen in drei Fällen für rechtswidrig erklärten, hielten sie die Rechtslage für so eindeutig, dass sie den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gar nicht erst einschalteten. Aber der Druck auf die Bundesregierung dürfte zunehmen, sollten andere Gerichte bald zu ähnlichen Entscheidungen kommen. Und erst recht, sollte der EuGH irgendwann so urteilen. Sonderlich großer Zeitdruck lastet aber nicht auf der Bundesregierung. Der Asylrechtsexperte Daniel Thym sagt: „Ob es überhaupt jemals zu einer EuGH-Entscheidung kommen wird, wissen wir nicht.“

Damit die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin vor dem EuGH landet, müsste es erst einmal eine Hauptverhandlung geben. Die Kläger aus Somalia, die sich seit der Eilentscheidung in Deutschland aufhalten, haben wahrscheinlich kein Interesse, das Verfahren weiterzuführen. Und selbst wenn es dazu kommt, sind die Berliner Richter nicht gezwungen, den EuGH anzurufen. Dazu verpflichtet wäre erst die höchste Instanz: das Bundesverwaltungsgericht. Selbst im schnellsten Szenario könnten bis zu einem Richterspruch aus Luxemburg also Jahre vergehen.

Auch andernorts droht keine schnelle Entscheidung. Aktuell sind drei weitere Fälle bekannt, in denen Asylbewerber gegen ihre Zurückweisung an der Grenze klagen, vor den Verwaltungsgerichten in München, Karlsruhe und Aachen. Die Fälle unterscheiden sich im Detail, haben aber eine Gemeinsamkeit: Alle Kläger haben inzwischen einen Weg nach Deutschland gefunden. Ob es überhaupt zu Eilentscheidungen kommt, geschweige denn zu Verfahren in der Hauptsache, ist deshalb unklar. „Nach allem, was wir wissen, droht an der juristischen Front kein unmittelbares Ungemach“, sagt der Jurist Thym. „Für die Bundesregierung ist das eine relativ komfortable Situation: Sie hat jetzt Zeit, Reformen des Asylsystems anzugehen.“

Dieser Text stammt aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.


Ob die Koalition diese Zeit nutzt, macht für den Konstanzer Juraprofessor einen Unterschied für die rechtliche Bewertung. Die Gerichte könnten der Argumentation der Bundesregierung, sie handle aus einer Ausnahmesituation heraus, weil das geltende Europarecht dysfunktional sei, so eher folgen. Untätigkeit kann man Merz und seiner Mannschaft diesbezüglich nicht vorwerfen. Zu Hause verschärft der Bundestag die Regeln, und in Europa pocht Deutschland inzwischen mit reichlich Symbolik auf eine restriktivere Politik. Am Freitag schickte Innenminister Dobrindt morgens einen Abschiebeflug nach Afghanistan und empfing nachmittags seine Amtskollegen aus EU-Nachbarländern zum Asylgipfel auf der Zugspitze.

Im Heimatwahlkreis des CSU-Ministers ging es darum, Fortschritte zu erzielen, etwa bei Rückführungen. Man wollte aber auch Einigkeit demons­trieren. Die stand zuletzt infrage, etwa weil Polen als Antwort nun seinerseits an der Grenze zurückweist. Vor Beginn des Gipfels sagte Dobrindt der F.A.S.: „Wir halten es für richtig, dass auch unsere Nachbarländer Maßnahmen ergreifen. Es geht darum, gemeinsam das Signal zu senden, dass sich die Asylpolitik in Europa geändert hat.“ Insbesondere mit seinem französischen Kollegen Bruno Retailleau hat Dobrindt vom ersten Tag an den Schulterschluss gesucht. Zuletzt war aus Paris Unmut zu hören, dass Deutschland nicht genug tue gegen die Schlepper, die Flüchtlinge von Frankreich aus über den Ärmelkanal nach Großbritannien bringen. Dobrindt kündigte an, ein Gesetz vorzubereiten, um leichter gegen Schlepper vorgehen zu können, die unter anderem in deutschen Garagen Schlauchboote lagern.

Sehr konkrete Ideen, wie man vom deutschen Alleingang wieder zu einer europäischen Lösung kommen kann, hat Manfred Weber, CSU-Vize, aber eben auch Vorsitzender der Europäischen Volkspartei und Chef von deren Fraktion im Europäischen Parlament. Weber sagt: „Illegale Migration kriegen wir langfristig nur europäisch in den Griff. Wir müssen nationale Ansätze in eine gemeinsame europäische Lösung überführen.“ Das beginne mit dem Migrationspakt. Damit würden Modelle wie die Durchführung von Asylverfahren in Drittstaaten – etwa nach dem Vorbild Albanien – möglich. „Dank eines Mittelmeerpaktes werden wir in enger Kooperation mit den Staaten im Mittelmeerraum den Schlepperbanden das Handwerk legen. Und irreguläre Migration beginnt stets an unseren Außengrenzen, daher müssen wir gerade dort entschlossen gegensteuern.“

Weber verlangt „einen massiven Ausbau“ der Grenzschutzbehörde Frontex „auf mindestens 30.000 Einsatzkräfte“. Darunter solle auch „hoch qualifiziertes Personal aus Deutschland“ sein. Der Vorschlag des Europapolitikers: „Wenn wir beispielsweise alle Beamten, die derzeit innereuropäisch Grenzen sichern, an die Außengrenze senden würden, dann wäre das wuchtig.“ Rechtlich wäre das möglich, wenn betroffene Staaten wie Griechenland zustimmten. „Gelingt uns dieser gesamteuropäische Ansatz, können wir die Polizeikontrollen an den innereuropäischen Grenzen wieder schrittweise zurückfahren.“

Die niedrigen Asylzahlen sind für die Union kein Argument

Ein funktionierender Schutz der Außengrenzen ist auch für Dobrindt die Voraussetzung dafür, dass die Binnenkontrollen enden können. Sinkende Asylzahlen allein sind es hingegen nicht. Im ersten Halbjahr 2025 gab es rund 72.000 Asylanträge, das sind etwa 45 Prozent weniger als im Vorjahr. Aber Dobrindt sagt: „Auch wenn die Zugangszahlen sinken, sind die Zurückweisungen an der Grenze auch im Fall eines Asylgesuchs weiter nötig und bleiben bestehen.“

An der Parteibasis kommt das gut an, etwa in Brandenburg. Dort ist die Stimmung noch immer weit entfernt von Gleichmut, wie Rainer Genilke berichtet, der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion. Genilke sieht die Staus an den Grenzen, der Warenverkehr leidet, Pendler sind genervt, jeden Tag. Aber das zählt für ihn nicht so viel wie die Migration. Für Genilke gibt es keine Zahl, von der an er zufrieden wäre, ihm geht es ums Prinzip: „Der Schutz unserer Grenzen hat Priorität. Die Sicherheit unserer Bürger kann nicht gegen ein zwei Tage verspätetes Paket aufgerechnet werden. Wir müssen das jetzt durchziehen.“ So ähnlich reden sie bei der CDU auch in Sachsen, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein.

Bundespolizistin bei der Arbeit: Grenzkontrolle in Frankfurt (Oder)
Bundespolizistin bei der Arbeit: Grenzkontrolle in Frankfurt (Oder)dpa

Aber warum genau sind 350 Zurückweisungen ein Erfolg? Der sächsische CDU-Innenminister Armin Schuster findet die 350 als Zahl unwichtig. Ihn interessiert der Effekt auf das System: „Die Wirkung ist kolossal. Faktisch zerschlagen die intensivierten Zurückweisungen das Schleusergeschäft. Das Schleusergeschäft besteht ja darin, dass der Schleuser vom Besteller eine hohe Prämie kassiert und ihm dafür eine Einreisegarantie gibt. Und wenn sich das in Europa nicht mehr umsetzen lässt, also nicht mehr lohnt, reichen die Wirkungen bis nach Afrika und Asien.“

Angesichts der rund 350 Schleuser, die seit Mai bundesweit festgenommen wurden, reden Unionsleute so auch anderswo. Der baden-württembergische CDU-Staatssekretär Siegfried Lorek zum Beispiel sagt: „Diesen Aspekt muss man betonen. Wir verhindern damit weitere organisierte illegale Einreisen.“ Und der bayerische CSU-Innenminister Joachim Herrmann sagt: „Deshalb sollten wir das Instrument der Zurückweisungen nicht vorschnell aus der Hand geben.“

Ein Aufstand der SPD zeichnet sich nicht ab

In der Union sind sie also überzeugt, dass die Asylzahlen nicht nur sinken, weil sich die Lage in Afghanistan und Syrien geändert hat, weil der Bundestag den Familiennachzug eingeschränkt hat und weil die Bezahlkarte die Einreise weniger attraktiv macht. Sondern auch: weil die Zurückweisungen wirken. Wer so denkt, dürfte damit nicht so schnell aufhören. Aber in der Regierungskoalition gibt es ja noch eine zweite Partei. Wie lange geht die SPD den Weg der Union noch mit?

Bei den Sozialdemokraten sind die Innenpolitiker gerade nicht so gesprächig wie in der Union. Wer sich dieser Tage unter Abgeordneten und Ministern in Bund und Ländern umhört, kassiert viele Absagen. Das liegt nicht nur an der Urlaubszeit, mancher sagt ganz offen: Dazu möchte ich gerade lieber nichts sagen. Der Umgang vieler Sozialdemokraten mit einem Thema, das ihnen Bauchschmerzen bereitet, scheint zu sein: Wir lassen der Union ihr Herzensprojekt, aber wir wollen damit nicht in Verbindung gebracht werden – und wenn die Koalition damit auf die Nase fällt, dann ist es die Nase der Union.

Ein Aufstand zeichnet sich also nicht ab, aber gänzlich schweigen will die SPD auch nicht. Der Bundestagsabgeordnete Johannes Schätzl sagt mit Blick auf die Lage bei der Bundespolizei, die Politik dürfe „keine Erwartungen wecken, die personell dauerhaft nicht erfüllbar sind“. Auch deshalb solle man eine „klare Exitstrategie“ für die Zurückweisungen definieren. Hakan Demir wiederum, der wie Schätzl im Innenausschuss sitzt, hält Zurückweisungen für „nicht haltbar“, wenn ein Schutzgesuch geäußert wird. Es brauche dann „zumindest ein Dublin-Verfahren, um festzustellen, welches Land für die Person zuständig ist und ob dieses Land für die Person sicher ist“. Und wie Schätzl macht sich auch Demir Gedanken über ein Ende der Maßnahmen: „Spätestens mit dem Inkrafttreten der GEAS-Reform brauchen wir wieder ein Europa ohne Grenzkontrollen.“

GEAS, das Gemeinsame Europäische Asylsystem, tritt im Juni 2026 in Kraft. Es verpflichtet Staaten an der Außengrenze, Asylbewerber zu registrieren und über jene, die kaum Aussicht auf Schutz haben, in einem Schnellverfahren zu entscheiden; in dieser Zeit werden sie interniert. Anders als Demir verbindet man damit in CDU und CSU aber kein zwingendes Ende der Grenzkon­trollen. Der innenpolitischer Sprecher der Fraktion, Alexander Throm, verweist auf den Koalitionsvertrag, in dem Zurückweisungen und Grenzkontrollen „bis zu einem funktionierenden Außengrenzschutz und der Erfüllung der bestehenden Dublin- und GEAS-Regelungen“ vereinbart sind. Wann GEAS funktioniert, weiß allerdings niemand. Throm sagt deshalb: „So lange brauchen wir auch Zurückweisungen, auf unabsehbare Zeit.“ Der Bundeskanzler steht in seiner Partei also nicht unter Druck, vor Mitte 2026 auch nur an ein Ende der Zurückweisungen zu denken.

In Brüssel erwartet man ein Einlenken im Sommer 2026

Wenn in der EU das neue Regelwerk greift, dürfte sich allerdings der Druck von außen erhöhen. Das hat schon juristische Gründe, wie Asylrechtsexperte Thym erklärt. Die Bundesregierung könnte dann nicht mehr mit Dysfunktionalität argumentieren, sie müsste die neuen Regeln erst einmal anwenden und schauen, wie es läuft. Thym sagt: „Bis allerspätestens nächsten Sommer müssen die Zurückweisungen deshalb wirklich beendet sein.“

Diese Erwartung hat man auch in Brüssel. Ursula von der Leyen, die Präsidentin der EU-Kommission, erklärt die heutige Situation stets mit einem Dilemma: „Wir haben die Schwäche des alten Rechts, aber das neue ist noch nicht umgesetzt“, sagte sie etwa, als sie Merz Anfang Mai zum Antrittsbesuch empfing. Schon bei diesem Treffen machte sie dem neuen Bundeskanzler und Parteifreund klar, dass die Kommission die Zurückweisungen zwar für europarechtswidrig hält, aber bis auf Weiteres nicht dagegen vorgehen wird. Das entspricht seit vielen Jahren der Linie: Die Kommission hat nie einen offenen Konflikt mit den Mitgliedstaaten gesucht, mit einer Ausnahme: Ungarn. In anderen Fällen wartete sie stets, bis Gerichte einseitige Maßnahmen der Mitgliedstaaten für rechtswidrig erklärten, von Grenzkontrollen bis zu Einschränkungen des Asylrechts. Dafür muss sich aber erst einmal ein Kläger finden. Wenn die Kommission als Hüterin der Verträge die Füße stillhält und kein deutsches Gericht eine Entscheidung ersucht, dann bleibt noch die Möglichkeit, dass Nachbarstaaten den EuGH einschalten.

Von der Leyen drang gegenüber Merz darauf, dass sich Deutschland eng mit den betroffenen Nachbarn abstimmt. Außerdem rang sie ihm ab, dass er nun bei jeder Gelegenheit sagt, die Einschränkungen an den Grenzen seien „zeitlich begrenzt“ – wie es dem Schengener Grenzkodex entspricht. Ursprünglich, noch als Spitzenkandidat, hatte Merz angekündigt, er werde als Kanzler anweisen, die Staatsgrenzen „dauerhaft zu kontrollieren“. Gegen einen so offenkundigen Bruch des Europarechts hätte Brüssel vorgehen müssen.

Zwar meckern mehrere Nachbarstaaten über die deutschen Maßnahmen, weil diese jeden Tag Zehntausende Pendler beeinträchtigen. Doch hat bisher noch kein Staat geklagt. Um ein Haar wäre die luxemburgische Regierung von ihrem eigenen Parlament dazu aufgefordert worden. Doch konnte sie dies abwenden, indem Innenminister Léon Gloden lediglich Einspruch bei der EU-Kommission erhob. Die sicherte ihm zu, dass der Schengenkoordinator, ein Spitzenbeamter, im Oktober ein Gutachten zur Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen vorlegen werde.

Viele in der Union erwarten nicht viel vom GEAS

Diese Perspektive und ständige Klagen der Regierung entfalteten immerhin so viel Druck, dass sich die Innenminister auf Änderungen verständigten. Wie das luxemburgische Innenministerium der F.A.S. darlegte, sollen die Kontrollen an der A 8 bei Schengen von August an „flexibler“ gestaltet werden. Hier bilden sich täglich lange Pendlerstaus, weil der Verkehr für die Kontrollen auf eine Spur und zwanzig Kilometer pro Stunde beschränkt wird. Nun sollen Betonblöcke entfernt werden und Tempo siebzig erlaubt sein. Eine Sprecherin teilte mit: „Die Bundespolizei soll im Gegenzug – in Absprache mit der luxemburgischen Polizei – verbesserte Möglichkeiten erhalten, kon­trollrelevante Fahrzeuge frühzeitig auf luxemburgischem Territorium identifizieren zu können und diese dann abseits der Bundesautobahn 8, auf deutschem Territorium, zu kontrollieren.“

Wahrscheinlich ist, dass die Bundesregierung weitere Abmachungen trifft, um Nachbarn zu besänftigen. Gleichzeitig kommen in ganz Europa weniger irreguläre Migranten an. Für das erste Halbjahr meldet Frontex 76.000 irreguläre Grenzübertritte, zwanzig Prozent weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, als die Zahlen insgesamt schon um fast vierzig Prozent gesunken waren. Die EU-Fachleute führen das allerdings nicht auf die verschärften Maßnahmen im Schengenraum zurück, sondern vor allem auf die verbesserte politische Lage in Syrien.

Die Besänftigungen reichen vielleicht bis zum Sommer 2026. Aber was ist dann? In der Union haben viele nicht vor, die Zurückweisungen aufzugeben. Der Brandenburger Genilke sagt zum Beispiel: „Ich bezweifle, dass mit einer Einführung von GEAS plötzlich alles okay ist.“ Sachsens Innenminister Schuster geht noch weiter: „Das neue GEAS ist ein erster kleiner Schritt. Der wird bei Weitem nicht reichen, um wirkungsgleich Grenzkontrollen zu ersetzen.“ Die Menschen wollten „in ihrem realen Leben die Wirkung einer deutlich reduzierten irregulären Migration spüren, ob im Schwimmbad, in der Kita oder in der Schulklasse“, sagt Schuster und nennt sogar eine Zahl, von der an es politisch reicht: „Dafür braucht Deutschland mehrere Jahre eine sehr deutliche Reduzierung des Zugangs unter 100.000.“

Wenn das die Messlatte ist, könnten die Zurückweisungen noch viele Jahre dauern.