Wie Satelliten Waldbrände früher erkennen können

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Stand: 21.07.2025 06:35 Uhr

Waldbrände können sich rasend schnell ausbreiten. Um solche verheerenden Feuer künftig schneller zu erkennen, schickt ein Münchner Unternehmen Satelliten in den Weltraum.

In einem unscheinbaren Bürogebäude in München entsteht eine neue Generation von Satelliten. Das Unternehmen OroraTech hat bereits elf der nur koffergroßen künstlichen Erdtrabanten in den Orbit gebracht. In den kommenden Jahren sollen es insgesamt 100 werden.

Alle Satelliten sind mit hochauflösenden Wärmebildkameras ausgestattet. Ihre Mission: Waldbrände weltweit frühzeitig erkennen.

Bestehende Satellitensysteme haben Schwächen

Zwar gibt es bereits Satelliten, die Waldbrände beobachten, zum Beispiel die Sentinel-Satelliten des Copernicus-Programms von EU und ESA. Doch die seien nicht immer zur passenden Zeit am richtigen Ort, sagt die Physikerin Andrea Spichtinger von OroraTech: “Die offiziellen Missionen fliegen zum Beispiel sehr viel zur Mittagszeit. Dagegen gibt es am Nachmittag zum Beispiel über manchen Regionen fast keine Satelliten.”

Diese Lücken will OroraTech daher mit seinen eigenen Satelliten füllen, die alle 30 Minuten jeden Ort der Erde überfliegen und so überwachen können. Allerdings wird das Münchner Unternehmen dabei zusätzlich auch die Daten der Copernicus-Satelliten nutzen.

Nicht nur häufigere, sondern auch genauere Daten

Die Wärmebildkameras der neuen Satelliten liefern nicht nur häufiger Bilder, sondern auch deutlich genauere. Für das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) sind sie ein echter Fortschritt: Derzeit liege die maximale Auflösung bei etwa 300 Metern, sagt die Leiterin der Abteilung für Erdbeobachtung, Gondela Roßner. Bei den neuen Satelliten von OroraTech seien es weniger als 100 Meter. Das biete sehr viel genauere Informationen darüber, wo Brände entstehen.

Die Kameras erkennen dabei Temperaturunterschiede von nur drei Grad Celsius. So ließen sich selbst relativ kleine Feuer erfassen, sagt OroraTech-Ingenieur Lukas Liesenhoff: “Selbst wenn diese nur ein paar Meter groß sind, ist die Hitze, die sie generieren, so stark, dass wir diese Feuer trotzdem erkennen können. Bei Tests haben wir sogar Sonnwendfeuer entdeckt.” Auch Osterfeuer waren aus der Erdumlaufbahn zu erkennen. Auf den Karten des Systems sind sogar Photovoltaikanlagen zu sehen, die das Sonnenlicht reflektieren.

Simulation sagt Entwicklung von Waldbränden voraus

Das System kann noch mehr: Es kombiniert die Satellitenbilder mit der aktuell vor Ort herrschenden Windgeschwindigkeit und -richtung. Wind hat maßgeblichen Anteil daran, wie schnell und in welche Richtung sich ein Waldbrand ausbreitet.

Zudem wird die Art der Vegetation vor Ort berücksichtigt, also der “Brennstoff”, und wie das Gelände beschaffen ist. Bergauf brennt ein Wald schneller, bergab langsamer. All das fließt in ein Simulationsmodell ein, das in Sekundenschnelle die Ausbreitung eines Waldbrandes vorhersagen kann.

6.000-Einwohner-Stadt steht simuliert in Flammen

Für ein Feuer Anfang Juli 2025 in der Gohrischheide in Sachsen zeigt die Simulation: Bei einem Wind aus Westen mit einer Geschwindigkeit von 15 km/h und ohne Gegenmaßnahmen der Feuerwehr hätten die Flammen innerhalb von sechs Stunden die Stadt Gröditz mit knapp 6.000 Einwohnern erreicht.

Dieses Bild zeigt die Simulation OroraTechs vom Brand in der Gohrischheide und wie sich dieser ausgebreitet hätte, ohne Maßnahmen bei Westwind mit 15 km/h.

Mit dem Simulationsprogramm kann das Team auch zeigen, wie sich Gegenmaßnahmen auswirken, etwa das Schlagen einer Feuerschneise. All diese Informationen sollen künftig für Feuerwehren in Echtzeit verfügbar sein. Tatsächlich konnte die Feuerwehr vor Ort das Feuer auch ohne die Satellitendaten unter Kontrolle bringen. Sicherheitshalber musste aber zwischenzeitlich ein kleinerer Ort nahe dem Waldbrand evakuiert werden.

Einsatz demnächst in Griechenland

Das Satelliten-Früherkennungssystem soll demnächst in Griechenland zum Einsatz kommen. In Deutschland ist die Nachfrage noch verhalten. Das hat laut Andrea Spichtinger mehrere Gründe: Zum einen seien die Feuerwehren schon jetzt sehr gut. Zum anderen seien die meisten Regionen hierzulande dicht besiedelt, so dass Waldbrände den Feuerwehren in der Regel schnell gemeldet würden. Zudem hätten Feuer hier bislang nicht so katastrophale Auswirkungen wie etwa in Griechenland.

Klimawandel erhöht das Waldbrandrisiko

Noch ist die Waldbrandgefahr in Deutschland relativ gering. Ein Bericht der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) beispielsweise zeigt, dass die Zahl der Waldbrände in Bayern in den letzten 20 Jahren kontinuierlich abgenommen hat.

Allerdings gab es in den Dürrejahren 2003, 2018 und 2019 wegen der Trockenheit deutliche Ausschläge nach oben. Solche Trockenereignisse werden laut den Prognosen wegen des Klimawandels künftig häufiger auftreten. Damit wird auch das Risiko für Waldbrände ansteigen, so die LWF.

Mit Drohnen und UTV gegen die Feuergefahr

Davon geht auch Michael Stahl aus. Er ist Kreisbrandrat in Cham in der Oberpfalz in Bayern und unter anderem zuständig für den Naturpark “Oberer Bayerischer Wald” – ein großes und dünn besiedeltes Waldgebiet.

Um sich für künftige Waldbrände zu rüsten, setzt er schon lange auf moderne Technik. So hat er kleine, geländegängige Fahrzeuge – sogenannte UTV – mit Wassertanks ausgerüstet, um damit Brände in unzugänglichem Gelände schnell löschen zu können, bevor sie große Ausmaße annehmen. Seine neueste Idee ist, künftig autonome Drohnen, die mit Thermalkameras ausgestattet sind, zur Brandüberwachung über den Wald fliegen zu lassen.

Schon jetzt nutzt er Satellitendaten des Copernicus-Programms zur Früherkennung. Das sei allerdings relativ langsam. Daher kann er sich gut vorstellen, künftig das schnellere Satelliten-System zu nutzen: “Wenn das jetzt ein anderes Level ist, dann würde ich mir das sehr gerne anschauen. Alles, was hilft, ist gut.”