Hun Sen: Kambodschas Chef im Konflikt mit Thailand

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Offiziell hat Hun Sen die Macht in Kambodscha längst an seinen Sohn abgegeben. Doch der blutige Grenzstreit mit Thailand zeigt, wer wirklich die Befehle erteilt. Es ist der 72 Jahre alte ehemalige Regierungschef, der das Amt alles in allem mit einer Unterbrechung, als er sich den Posten teilen musste, 38 Jahre lang ausgeübt hat.

Er ist derjenige, der in offiziellen Fotos als eine Art Oberkommandeur auftritt, am Telefon, in Videokonferenzen und beim Kartenstudium an seinem Schreibtisch. In Thailand werden ihm deshalb Kriegsverbrechen vorgeworfen. Hun Sen ist auch derjenige, der dem Nachbarland mit „Vergeltung“ drohte und sich mit dem früheren ­thailändischen Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra einen verbalen Schlagabtausch liefert.

Auch die jüngste Eskalation im Tempelstreit wird in nicht unerheblicher Weise von dem Zerwürfnis zwischen den beiden einst verbündeten ehemaligen Ministerpräsidenten angetrieben. Dass es mit der Freundschaft nicht mehr weit her war, hatte sich im Juni gezeigt, als die Aufnahme eines Telefongesprächs Hun Sens mit der Tochter Thaksins, der thailändischen Ministerpräsidentin Paetongtarn Shinawatra, an die Öffentlichkeit gelangte.

Bekannt für geschicktes Taktieren

Wie sie dem „Onkel“ am Hörer in Demut ge­gen­über­trat, Zugeständnisse machte und das eigene Militär kritisierte, führte schließlich zu ihrer vorläufigen Suspendierung. Hun Sen hatte die Aufnahme an einen größeren Personenkreis weitergegeben, offensichtlich mit dem Ziel, das Ende der Shinawatra-Regierung zu provozieren. Es wird spekuliert, dass er durch die Shinawatras geschäftliche Interessen bedroht sah. „Ich wurde zuerst betrogen“, rief er stattdessen, angeblich, weil die Ministerpräsidentin sein Verhalten im Grenzstreit als „unprofessionell“ bezeichnet hatte.

Angesichts der heftigen Gefechte zwischen Thailand und Kambodscha kommt die Frage auf, ob sich der für sein geschicktes Taktieren bekannte heutige Senatspräsident diesmal verkalkuliert haben könnte. Zur Zeit der Roten Khmer war Hun Sen einst als Kommandeur eines Bataillons über die Grenze geflohen und später mit den siegreichen vietnamesischen Truppen zurückgekehrt.

Das Erbe der Schreckensherrschaft nutzte er, in dem er zwar Prozesse gegen hochrangige Rote Khmer ermöglichte, die meisten ehemaligen Funktionsträger aber unbehelligt ließ. Während Kambodscha von westlicher Aufbauhilfe profitierte, setzte er auf intensive Kooperation mit China. Mit harter Hand schaltete er die innenpolitische Opposition aus.

Auch die offizielle Machtübergabe an seinen Sohn vor zwei Jahren war über die Jahre vorbereitet worden. Aber sie ist offensichtlich auch noch lange nicht beendet.