Pariser Klimaziele: Indien macht bei der Energiewende Tempo

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Stand: 26.07.2025 06:39 Uhr

Die indische Regierung hat verkündet, dass nicht-fossile Energieträger nun 50 Prozent der installierten Stromerzeugungskapazität ausmachen. Damit erreicht das Land ein Ziel des Pariser Klimaabkommens früher.

Von Konstanze Nastarowitz, ARD-Studio Neu Delhi

Die Erfolgsmeldung kam im Juli und wurde stolz von vielen großen indischen Medien aufgegriffen: Man habe einen weiteren Meilenstein bei der Energiewende erreicht – fünf Jahre früher als es das Pariser Klimaabkommen festlegt. Erstmals stamme mehr als die Hälfte der installierten Stromerzeugungskapazität in Indien aus nicht-fossilen Energieträgern – wenn auch nur ganz knapp.

“Ein stolzer Moment für jeden Inder”

Im Rahmen der sogenannten “nationally determined contributions”, also der nationalen Klimabeiträge, erklären die Staaten anlässlich des Pariser Klimaabkommens, wie sie vorgehen wollen, um Treibhausgasemissionen zu senken. Eines von den darin festgelegten Zielen für Indien: Man möchte bis 2030 50 Prozent der Stromerzeugungskapazität aus nicht-fossilen Energieträgern stellen können. Das habe nun, so die Modi-Regierung, deutlich früher geklappt. Pralhad Joshi, als Minister unter anderem zuständig für erneuerbare Energien, erklärte in einem Post auf der Plattform X, dies sei ein “stolzer Moment für jeden Inder”.

Von den aktuell installierten fast 485 Gigawatt Stromerzeugungskapazitäten des Landes entfielen im Juni 2025 gut 243 Gigawatt auf nicht-fossile Energieträger. Davon kommt der größte Anteil, nämlich etwa 185 Gigawatt, von Energiequellen wie Sonne oder Wind. Der Rest sind Wasserkraftprojekte (49 Gigawatt) und Atomenergie (8,8 Gigawatt).

Indien setzt aber weiterhin auch auf Kohle

Binit Das vom indischen “Centre for Science and Environment” (CSE) bestätigt diese Zahlen, lenkt den Blick aber auch darauf, dass es hierbei nur um die installierte Kapazität gehe, nicht um die tatsächliche Stromerzeugung. Da sei in der Realität weiterhin Kohle am wichtigsten. Dennoch bekräftigt auch er, dass die Regierung mit vielen Förderungen und Investitionen in die Infrastruktur schon viel möglich gemacht habe, um erneuerbare Energien in Indien zu fördern.

Indien, das bevölkerungsreichste Land der Erde, ist der drittgrößte Treibhausgas-Emittent der Welt, nach China und den USA. Die Wirtschaft des Landes wächst jährlich um mehr als sechs Prozent. So wird auch Indiens Energiebedarf in den kommenden Jahren stetig steigen. Beim Ausbau der erneuerbaren Energien geht es also darum, diesen Bedarf zu decken. Parallel dazu werden auch die Kohle-Kapazitäten des Landes ausgebaut. Momentan wachsen die Kapazitäten der Erneuerbaren aber deutlich schneller.

“Kohle wird für die Netzstabilität benötigt”, erklärt Energie-Experte Binit Das. Die Probleme klingen ähnlich wie in Deutschland: Bisher ist es noch schwierig, Indien mit Sonne und Wind zuverlässig zu versorgen. Wenn die wegen schlechten Wetters nicht lieferten, so der Experte, dann springe Kohle ein, um das Netz zu stabilisieren. Das Stromnetz müsse noch ausgebaut und verbessert werden, um den Strom von erneuerbaren Energien besser aus entlegenen Gegenden weiter zu leiten, analysiert Binit Das. Ein Bericht des “Institute for Energy Economics and Financial Analysis” verweist darüber hinaus auf das Problem, dass Indien auch bei den Speicherkapazitäten für erneuerbare Energien noch deutlich nachlegen müsse.

Großer Zuwachs bei Solarenergie

Dennoch, der Kapazitäts-Zuwachs bei erneuerbaren Energien in Indien bleibt aufgrund seines rasanten Tempos bemerkenswert. Insbesondere die Solarenergie treibt diesen Zuwachs: Im Jahr 2024 wurden laut Regierung 24,5 Gigawatt Solarenergie-Kapazitäten neu installiert – ein Anstieg von rund 33 Prozent binnen eines Jahres.

Überall im Land sprießen Solar-Paneele und Windräder aus dem Boden. Neben guten politischen Rahmenbedingungen seien es gerade auch private Unternehmen, die beim Boom der Erneuerbaren in Indien eine wesentliche Rolle spielten, so Binit Das. Im westlichsten indischen Bundesstaat Gujarat entsteht zum Beispiel gerade das größte Erneuerbare-Energien-Projekt der Welt. Auf einer Fläche, die fünf Mal so groß ist wie Paris, werden Windkraftanlagen und Solar-Paneele installiert.