US-Zölle: Brüssel will Digitalgesetze nicht ändern

11

Der Inhalt des Zoll­deals, den US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen am Sonntag geschlossen haben, wird von der EU-Kommission und der amerikanischen Regierung nicht nur in der Energiepolitik, sondern auch in der Digitalpolitik unterschiedlich beurteilt. Offen war am Dienstag vor allem, ob sich die EU in dem Abkommen auch zu Zugeständnissen in der Anwendung der von der Trump-Regierung seit jeher kritisierten EU-Digitalgesetze bekennt.

Sowohl der DSA (Digital Services Act) als auch der DMA (Digital Markets Act) richten sich vor allem gegen große amerikanische Digitalunternehmen wie Google, Apple und Facebook. Der DSA soll illegale Inhalte und Aktivitäten im Internet bekämpfen und den Schutz der Nutzer, besonders von Kindern und Jugendlichen, verbessern. Der DMA soll verhindern, dass große Digitalkonzerne Wettbewerber von ihren Plattformen verdrängen.

Die amerikanische Regierung hatte wiederholt ins Feld geführt, dass die beiden Gesetze amerikanische Unternehmen diskriminierten. Die Digitalpolitik hatte in den Handelsverhandlungen zweifach eine Rolle gespielt, zum einen wegen amerikanischer Forderungen, die Gesetze abzuschaffen oder weniger scharf anzuwenden, zum anderen weil vor allem Frankreich und Teile des Europaparlaments gefordert hatten, die Digitalunternehmen mit besonderen Abgaben zu belegen.

„Wir werden unsere digitalen Regeln weder ändern noch anders anwenden“

In einer Erläuterung des Weißen Hauses zum Zolldeal heißt es nun, beide Seiten wollten sämtliche „ungerechtfertigten Hindernisse für digitalen Handel“ beseitigen. Die EU-Kommission bekräftigte aber, dass sie deshalb von der Anwendung der Digitalgesetze nicht abweichen werde. „Wir werden unsere digitalen Regeln weder ändern noch anders anwenden“, antwortete ein Kommissionssprecher auf die Frage, ob die EU in dem Zolldeal auf amerikanische Wünsche eingehe, ihre Digitalgesetze DSA und DMA zu ändern. In der Washingtoner Erklärung heißt es weiter, die EU nehme Abstand von Abgaben auf Digitalunternehmen. Der Sprecher bestätigte das, sagte aber, das sei „nicht neu“.

Beide Digitalgesetze verschaffen der EU die Möglichkeit, sehr schnell gegen die Konzerne vorzugehen. Das ist der Hauptgrund für den amerikanischen Verdacht, die EU wolle die US-Unternehmen diskriminieren. Der republikanische Kongressabgeordnete Jim Jordan, der seit Langem als Kritiker des DSA gilt, war am Montag mit der zuständigen Kommissionsvizepräsidentin Henna Virkkunen zusammengetroffen. Ein Kommissionssprecher sagte, das „konstruktive“ Gespräch habe nur zufällig einen Tag nach dem Abschluss des Zolldeals stattgefunden. Es habe keinen Einfluss auf die künftige Anwendung des DSA.

Das gelte auch für den DMA, der als Kern des EU-Wettbewerbsschutzes auf Digitalplattformen gilt. Wettbewerbskommissarin Teresa Ribera hatte der F.A.Z. im Mai gesagt, der DMA sei der beste Weg, um einen gut funktionierenden Digitalmarkt zu sichern – unabhängig von einzelnen Unternehmen. „Und Druck von außen beeindruckt uns nicht.“

DMA-Verfahren als Verhandlungsmasse?

Ob die Kommission ihre eigene Ankündigung einhält, wird indes erst die Zukunft zeigen. Die Behörde kann neue DMA-Verfahren fast beliebig nach eigenen Maßstäben einleiten oder davon Abstand nehmen. Selbst in den laufenden Verfahren, etwa gegen Apple, die Google-Muttergesellschaft Alphabet und Meta, könnte sie ihre Maßstäbe noch ändern.

Der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt, sagte der F.A.Z. am Dienstag, es wäre „fatal“, sollte im Handelsstreit mit den Vereinigten Staaten der Wettbewerbsschutz unter die Räder geraten. „Der DMA darf nicht zur Verhandlungsmasse werden. Wir alle müssen entschlossen gegen die Übermacht der US-amerikanischen Digitalkonzerne vorgehen. Das gilt speziell für die laufenden Verfahren, in denen die Kommission den DMA anwendet. Die europäischen Digitalunternehmen brauchen endlich faire Wettbewerbsbedingungen. Das ist mit Blick auf KI auch eine Frage der europäischen Souveränität.“ Auch der Düsseldorfer Kartelljurist Rupprecht Podszun, der Mitglied der Monopolkommission ist, sagte, DMA-Verfahren dürften auf keinen Fall Teil eines „Deals“ werden.

In dem Zolldeal ist auch festgehalten, dass die EU in den USA für 40 Milliarden Euro Chips für KI-Produkte einkaufen werde. Wie das genau zu verstehen ist, blieb ebenfalls offen. Ein Kommissionssprecher sagte, die EU werde die Chips weder selbst noch den Erwerb subventionieren.