Medikament Zuranolon kurz vor EU-Zulassung

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Jede siebte Mutter betroffen

Schnelle Hilfe nach der Geburt: Medikament kurz vor EU-Zulassung

  • Melanie Rannow

30.07.2025 – 11:06 UhrLesedauer: 2 Min.

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Nicht nur positive Gefühle: Nach der Geburt geraten viele Frauen in eine Wochenbettdepression. (Quelle: globalmoments/getty-images-bilder)

Die Geburt eines Kindes kann für Frauen emotional sehr belastend sein. Viele erleben nicht nur Müdigkeit, sondern auch depressive Symptome. Ein neuer Wirkstoff verspricht rasche Linderung.

In den ersten Wochen nach der Geburt fühlen sich viele Mütter erschöpft, überfordert und emotional instabil. Wenn aber tiefe Traurigkeit, Ängste, innere Leere oder sogar Zwangsgedanken hinzukommen, sprechen Fachleute von einer postpartalen Depression, einer psychischen Erkrankung, die ärztlich behandelt werden muss.

Laut Schätzungen leidet etwa jede siebte Frau nach der Geburt unter dieser Form der Depression. Die Symptome können Wochen bis Monate anhalten. Besonders belastend: Die Krankheit beeinträchtigt nicht nur das Wohlbefinden der Mutter, sondern auch die emotionale Bindung zum Kind.

Bisher gibt es in Europa kein einziges Medikament, das ausdrücklich für postpartale Depression zugelassen ist. Das könnte sich bald ändern: Die Europäische Arzneimittelagentur (Ema) hat dem Wirkstoff Zuranolon jetzt eine Zulassungsempfehlung gegeben. Sollte die EU-Kommission zustimmen, wäre es das erste Medikament dieser Art in der EU.

In der entscheidenden Zulassungsstudie erhielten 196 Frauen mit postpartaler Depression entweder Zuranolon oder ein Placebo – jeweils über 14 Tage. Das Ergebnis: Die depressive Symptomatik verbesserte sich unter Zuranolon deutlich stärker. Der Unterschied zeigte sich bereits nach drei Tagen und hielt bis sechs Wochen nach Behandlungsbeginn an.

Die Frauen nahmen täglich 50 Milligramm des Wirkstoffs ein. Eine Besonderheit: Die Einnahme erfolgt nur für 14 Tage. Das ist deutlich kürzer als bei klassischen Antidepressiva, die oft über viele Monate eingenommen werden müssen.

Auch die Wirkung setzt schneller ein. Während herkömmliche Medikamente oft erst nach zwei bis vier Wochen spürbar wirken, zeigte Zuranolon bereits nach drei Tagen eine deutliche Verbesserung der Stimmung. Gemessen wurde dies mit der sogenannten Hamilton Rating Scale for Depression, einem etablierten Instrument zur Beurteilung der Schwere depressiver Symptome.

Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählten laut Studie Schläfrigkeit und Benommenheit. Suizidale Gedanken oder Verhaltensweisen traten nicht auf. Unklar ist bisher, welche Auswirkungen der Wirkstoff auf gestillte Säuglinge hat – Zuranolon geht in die Muttermilch über. Ärzte sollen daher die individuelle Situation der Patientinnen genau abwägen.

In den USA ist Zurzuvae bereits seit August 2023 zugelassen. In Europa fehlt noch die offizielle Genehmigung der EU-Kommission. Wann das Medikament dann auch in Deutschland erhältlich sein wird, ist noch nicht bekannt. Vorgesehen sind Hartkapseln in den Stärken 20, 25 und 30 Milligramm – mit einer empfohlenen Dosis von 50 Milligramm pro Tag. Die Einnahme soll abends und zusammen mit einer fettreichen Mahlzeit erfolgen.

Postpartale Depressionen gelten nach wie vor als Tabuthema. Viele Frauen schämen sich oder fürchten, als “schlechte Mutter” abgestempelt zu werden. Ein gezielt zugelassenes Medikament könnte nicht nur medizinisch helfen, sondern auch die gesellschaftliche Aufmerksamkeit für das Thema stärken.