Der amerikanische Präsident Donald Trump hat die zweite Runde seiner breit angelegten Zollpolitik begonnen. Trump unterzeichnete in der Nacht zum Freitag ein Dekret, mit dem er neue Einfuhrzollsätze für 67 Länder, Taiwan und die Europäische Union festlegt.
Die Zollsätze reichen von zehn bis 41 Prozent und sollen vom 7. August an gelten. Für die Europäische Union gilt von dann an der allgemeine Einfuhrzoll von 15 Prozent, dem die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, am vergangenen Wochenende in einer transatlantischen Vereinbarung zugestimmt hatte.
Wie schon am 2. April, als Trump an dem von ihm ausgerufenen Befreiungstag in einer breiten Runde Dutzende Länder mit Zöllen belegt hatte, begründete der Präsident die neuen Zölle mit dem Wunsch, das amerikanische Handelsbilanzdefizit zu verkleinern. Er beruft sich zur Rechtfertigung unter anderem auf ein Gesetz, das dem Präsident Sonderbefugnisse bei außergewöhnlichen Bedrohungen für die Volkswirtschaft zugesteht (International Emergency Economic Powers Act). Vor Gericht wird derzeit in Washington verhandelt, ob Trump auf Basis dieses Gesetzes allgemeine Einfuhrzölle erheben darf.
Nur Waren, nicht Dienstleistungen
Für wirtschaftliche Schwergewichte wie die Europäische Union, Japan und Südkorea setzt Trump in der neuen Zollrunde einen allgemeinen Einfuhrzoll von 15 Prozent. Länder, mit denen die Vereinigten Staaten ein kleines Handelsbilanzdefizit haben, werden gleichfalls mit 15 Prozent Zoll belegt. Länder, mit denen die Vereinigten Staaten einen Überschuss im Warenhandel erzielen, belastet Trump mit einem Einfuhrzoll von zehn Prozent. Die Zölle treffen nur Waren, nicht aber den Handel mit Dienstleistungen. Neben den nun neu verkündeten reziproken Zöllen gelten Sonderzölle wie 50 Prozent auf die Einfuhr von Stahl und Aluminium.
Für manche Länder bedeutet die neue Zollrunde eine deutliche Erhöhung der zuvor genannten oder vereinbarten Zölle, für andere eine Senkung. Taiwan, der wichtigste Lieferant von Halbleitern, erhält nun einen Einfuhrzoll von 20 Prozent, nachdem Trump im April noch 32 Prozent angedroht hatte. Die Schweiz steht demgegenüber vor einem Zoll von 39 Prozent, obwohl die Regierungen sich in einer Absichtserklärung schon auf zehn Prozent geeinigt hatten.
In einer wichtigen Ergänzung verhängen die Vereinigten Staaten in dem Dekret auch einen Zollsatz von 40 Prozent auf alle Versuche, die festgelegten Zollsätze für ein Land durch den Zwischenhandel über ein anderes Land zu umgehen. Damit verschärft Trump sein Zollregime und zieht die Daumenschrauben an. Diese Regel dürfte sich vor allem gegen chinesische Unternehmen richten, die in den vergangenen Monaten zunehmend Waren über südostasiatische Länder in die Vereinigten Staaten lenkten, um die hohen amerikanischen direkten Einfuhrzölle auf chinesische Waren zu umgehen.
Gesonderte Verhandlungen mit China, Kanada und Mexiko
Im April hatten die Anleger an den Finanzmärkten mit einem ungläubigen Schock auf die breiten und allgemeinen Zollankündigungen von Trump reagiert. Die Zinsen für langfristige amerikanische Staatsanleihen gingen in die Höhe, und der Dollar verlor an Wert. Die Unruhe an den Finanzmärkten brachte Trump dazu, die damals verhängten Zölle für drei Monate auszusetzen und zwischenzeitlich einen Mindestzoll von zehn Prozent zu verhängen. Die jetzige Zollrunde nimmt den damaligen Faden wieder auf. Die Vereinigten Staaten führen mit manchen Ländern auf der Liste aber noch Verhandlungen, sodass in dem Zollrahmen noch Bewegung ist.
Mit den wichtigsten Handelspartnern, Mexiko, Kanada und China, führt Trump gesonderte Verhandlungen. Am Donnerstag erhöhte Trump den Zoll für Importe aus Kanada von 25 auf 35 Prozent, um den Verhandlungsdruck auf die kanadischen Regierung zu erhöhen. Betroffen sind davon nur Waren, die nicht dem Freihandelsabkommen der drei nordamerikanischen Staaten unterliegen.
Mexiko dagegen räumte Trump gerade weitere 90 Tage Zeit ein, um sich auf ein neues Handelsabkommen zu einigen. Bis dahin gilt für mexikanische Güter außerhalb des Freihandelsabkommens ein Zoll von 25 Prozent. Mit China haben die Vereinigten Staaten vorerst eine Art Stillhalteabkommen geschlossen.
Mit den Einfuhrzöllen wollen Trump und seine Berater das Welthandelssystem neu austarieren und angebliche Ungleichgewichte zulasten der Vereinigten Staaten abbauen. Ökonomen bezweifeln, dass das mit Zöllen auf den Warenhandel funktionieren kann.
Sie verweisen auch darauf, dass Trump zugleich von Partnern wie Japan oder der Europäischen Union Investitionszusagen in Amerika verlangt, die für sich genommen den Nettokapitalzufluss in die Vereinigten Staaten und damit das amerikanische Handelsbilanzdefizit vergrößern.