Sabine Weyand: Europas enttäuschte Unterhändlerin

11

Wenn Bilder die Wahrheit sagen, dann hat Sabine Weyand kürzlich gelitten. Auf dem Gruppenfoto zum Abschluss des Zolldeals auf Donald Trumps Golfplatz in Schottland brachte es die deutsche EU-Spitzenbeamtin nicht fertig, den feixenden Mitgliedern der US-Delegation freundlich zu begegnen. Weyand blickte grimmig, genauso wie die anderen EU-Beamten und anders als ihre Chefs, die routiniert dauerlächelnde Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der grinsende Handelskommissar Maros Šefčovič.

Weyand leitet seit 2019 die Generaldirektion Handel in der EU-Kommission. Sie ist damit eine der sprichwörtlichen Brüsseler Beamten, die in Deutschland niemand kennt, die aber mehr Einfluss haben als mancher Bundesminister. Als Chefin der Handelsabteilung war sie die ranghöchste EU-Beamtin unter Šefčovič, der die politischen Gespräche mit US-Handelsminister Howard Lutnick führte. Eine ähnliche Funktion hatte Weyand schon einmal. Von 2016 bis 2019 war sie die Stellvertreterin des EU-Chefunterhändlers Michel Barnier in den Brexit-Gesprächen. In beiden Fällen war Weyand die Frau für die zeitraubenden, anstrengenden Details.

Über jeden fachlichen Zweifel erhaben

Barnier und sein Team wurden damals allenthalben gelobt. Den Handelsdeal mit den USA kann die Freihändlerin Weyand dagegen beim besten Willen nicht als Erfolg einstufen. Was lief damals gut, was jetzt schlecht lief? Machte einfach Trump in seiner Unberechenbarkeit den Unterschied? Die Gespräche sind aus einem zweiten Grund schwer vergleichbar. Während der damalige Kommissionschef Jean-Claude Juncker dem Profi Barnier und dessen Team weitgehend freie Hand ließ, behielt von der Leyen die Gespräche mit den Amerikanern recht eng an der Brust. Weyands Spielraum war weit geringer als in den Brexit-Gesprächen.

Von 2016 bis 2019 war Sabine Weyand (links) die Stellvertreterin des EU-Chefunterhändlers Michel Barnier (Mitte) in den Brexit-Gesprächen.
Von 2016 bis 2019 war Sabine Weyand (links) die Stellvertreterin des EU-Chefunterhändlers Michel Barnier (Mitte) in den Brexit-Gesprächen.Picture Alliance

Schon weil die Verhandlungen mit Trump zur Kommissionschefinnensache gerieten, käme niemand auf die Idee, Weyand eine Mitschuld am Ausgang der Gespräche zu geben. Dafür ist die 1964 geborene Saarländerin über jeden fach­lichen Zweifel erhaben. In die Kommission kam sie 1994, direkt nach Abschluss einer politikwissenschaftlichen Promotion in Tübingen. Seither legte sie eine ma­kellose, für EU-Spitzenbeamte typische Karriere hin.

Sie hielt sich nahe an politisch wich­tigen Kommissionsmitgliedern und erarbeitete sich früh ein Profil in der Handelspolitik. So gehörte sie von 1999 bis 2004 dem persönlichen Stab des fran­zösischen Handelskommissars Pascal Lamy an, wurde danach Kabinettschefin des belgischen Entwicklungskommissars Louis Michel und beriet anschließend Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Nach den Barroso-Jahren ging sie für sieben Jahre ins Generalsekretariat, das Machtzentrum der Behörde, wo sie zuletzt sämtliche wirtschaftspolitischen Aktivitäten der Kommission koordinierte. In die Generaldirektion Handel kam sie 2016 (als Vizechefin) nur für ein paar Monate, weil Barnier sie für die Brexit-Verhandlungen anforderte. Seitdem sie zurück ist, hat die EU-Kommission unter ihrer Federführung etliche Freihandelsabkommen ausgehandelt.

Weyands früherem Chef Lamy wird das Urteil zugeschrieben, die Deutsche arbeite viel, sei sehr intelligent und könne „sehr charmant und sehr gemein sein“. Nach außen untertreibt sie gern ihre Bedeutung und kokettiert damit, dass sie sei ja nur eine Beamtin sei. In der Behörde gilt sie aber als machtbewusst und durchsetzungsstark. Von ihren Mitarbeitern wird sie respektiert, aber die Beliebteste ist sie nicht. Für den Umgang mit Trumpisten und Brexiteers sind diese Eigenschaften sicher eher hilfreich.