In Moskau hat am Montag der Prozess wegen des Terroranschlags auf die Konzerthalle Crocus City Hall am 22. März 2024 begonnen. Bei dem Überfall zu Beginn eines Popkonzerts und dem anschließenden Brand wurden 149 Menschen getötet und mehr als 600 verletzt. Die vier mutmaßlichen Täter hatten wahllos in die Menge geschossen und den am Stadtrand von Moskau gelegenen Konzertsaal dann in Brand gesteckt. Die aus Tadschikistan stammenden Männer wurden am folgenden Tag im Westen Russlands nahe den Grenzen zu Belarus und zur Ukraine festgenommen.
Zu dem Anschlag bekannte sich der „Islamische Staat Provinz Khorasan“, der afghanische Ableger der Terrormiliz. Laut Anklage haben die Islamisten die Tat im „Interesse der obersten Führung der Ukraine“ begangen und ihr Vorgehen mit den ukrainischen Geheimdiensten koordiniert. Die Ukraine bestreitet jede Beteiligung an dem Anschlag, während der „Islamische Staat“ für sich die alleinige Planung und Ausführung beansprucht.
Putin brachte die Ukraine ins Spiel
Der Erste, der eine „ukrainische Spur“ ins Spiel gebracht hatte, war in einer Fernsehansprache am Tag nach dem Anschlag der russische Präsident Wladimir Putin gewesen. Er behauptete damals, die Ukraine habe den Tätern „ein Fenster für den Grenzübertritt“ vorbereitet. Ein in der Türkei inhaftiertes mutmaßliches IS-Mitglied, das an der Vorbereitung des Anschlags beteiligt gewesen sein soll, sagte jedoch laut Medienberichten aus, die Täter hätten in Belarus neue Dokumente erhalten sollen.
Die staatliche russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti berichtete unter Berufung auf Teilnehmer des Prozesses, drei der vier Hauptangeklagten hätten am Montag ihre Schuld gestanden und ihre Tat bereut; zwei hätten die Opfer um Verzeihung gebeten. Der vierte habe zwar die Mitgliedschaft im „IS Provinz Khorasan“, nicht aber die Beteiligung am Anschlag gestanden.
Die Verhandlung am Montag war auf Antrag der Anklagevertreter nicht öffentlich. Bei der ersten öffentlichen Vorführung der mutmaßlichen Täter vor Gericht nach ihrer Festnahme voriges Jahr zeigten sie Spuren schwerer Verletzungen, die möglicherweise von Folter herrühren könnten. Ein im Internet verbreitetes Video zeigte, wie einem der Verdächtigen bei der Festnahme ein Stück des Ohrs abgeschnitten wurde, das er dann essen sollte.
Warnung aus Amerika vor dem Anschlag
Neben den vier mutmaßlichen Tätern sind 15 weitere Personen als Helfer angeklagt, die alle aus Zentralasien stammen. Einigen wird vorgeworfen, Waffen und Munition für die Attentäter besorgt zu haben, andere sollen ihnen Geld überwiesen haben. Angeklagt sind auch der letzte Vermieter der mutmaßlichen Attentäter und drei Tadschiken, die sich selbst bei der Polizei gemeldet hatten, nachdem sie in Fernsehberichten das Fluchtauto erkannt hatten. Sie hatten das Auto nach eigenen Angaben wenige Tage vor dem Anschlag verkauft.
Laut Berichten amerikanischer Medien haben die Vereinigten Staaten die russischen Behörden wenige Tage vor dem Anschlag vor den Plänen der Terroristen gewarnt; dabei sollen der „IS Provinz Khorasan“ als Organisator und die Crocus City Hall als mögliches Ziel genannt worden sein. Präsident Putin wies diese Medienberichte damals als „Erpressung“ zurück. Sie hätten das Ziel, die russische Gesellschaft einzuschüchtern und zu destabilisieren.