Ciolacu führt abermals Regierung an

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Der rumänische Sozialdemokrat Marcel Ciolacu ist abermals zum Ministerpräsidenten des Landes gewählt worden. Für das Kabinett des 57 Jahre alten Politikers stimmten in der Wahl am Montagabend 240 Abgeordnete. Damit erhielt die neue Regierung nur sieben Stimmen mehr als das erforderliche Minimum von 233 Stimmen.

Getragen wird die neue Regierung in Bukarest von Ciolacus postkommunistisch-sozialdemokratischer Partei PSD, von der nationalliberalen PNL und der Ungarnpartei UDMR (beide Mitglieder der EVP), sowie von Vertretern der nationalen Minderheiten. Die den europäischen Liberalen angehörende Antikorruptionspartei USR entschloss sich, einer solchen Koalition nicht anzugehören.

Zum Bruch zwischen der USR und den anderen sich als proeuropäisch betrachtenden Parteien kam es zum einen wegen unterschiedlicher Vorstellungen über Reformen. Zum anderen entzweite die vom Verfassungsgericht annullierte Präsidentenwahl, bei welcher der Rechtsradikale Călin Georgescu und die USR-Parteichefin Elena Lasconi die erste Runde gewonnen hatten, die möglichen Partner. Die USR erklärte die Reform des Verfassungsgerichts und den Abtritt von Präsident Klaus Johannis zum regulären Amtsende am vergangenen Samstag zur Bedingung für eine Regierungsbeteiligung.

Koalition hat auch Präsidentschaftskandidaten

Ciolacu, der seit Juni 2023 die Regierung in Bukarest in einer Koalition mit der PNL führt, kündigte vergangenen Donnerstag an, auf eine abermalige Regierungsbildung zu verzichten und stattdessen eine Minderheitsregierung anderer Parteien zu stützen. „Sie können nichts mit sogenannten Partnern machen, die es ‚satt‘ haben, mit Ihnen am Tisch zu sitzen und die das Gefühl haben, sich ‚schmutzig‘ zu machen“, schrieb Ciolacu in einem emotionalen Beitrag auf Facebook. Am Sonntag kassierte er jedoch seine Ankündigung. Ciolacu ließ sich von seiner Partei beauftragen, abermals eine Mehrheitsregierung unter seiner Führung zu bilden.

Die neue Koalition will bei der im Frühling erwarteten Wiederholung der Präsidentenwahl auch mit einem gemeinsamen Kandidaten antreten. Die Partner einigten sich auf den PNL-Politiker Crin Antonescu. Dieser hat 2012 während eines von PSD und PNL betriebenen Amtsenthebungshebungsverfahrens gegen den damaligen Präsidenten Traian Băsescu schon einmal kommissarisch die Aufgaben des suspendierten Präsidenten wahrgenommen. Im proeuropäischen Lager haben darüber hinaus aber auch die bisherige USR-Kandidatin Lasconi und der Bukarester Bürgermeister Nicușor Dan angekündigt, zu kandidieren.

Im Rechtsaußen-Lager, das auch in der Parlamentswahl am 1. Dezember massive Zugewinne verbuchte, wird mit einer abermaligen Präsidentschaftskandidatur des Chefs der Partei AUR, George Simion, gerechnet. Die AUR ist in der Parlamentswahl mit 18 Prozent Wähleranteil zweitstärkste Kraft hinter Ciolacus PSD mit 22 Prozent der Stimmen geworden. Ob das Verfassungsgericht nach den Vorwurf einer russisch unterstützten Cyberkampagne eine abermalige Präsidentschaftskandidatur von Călin Georgescu zulässt, gilt derweil als offen. Mit jenem Vorwurf hat das Gericht die Ungültigkeit der Präsidentenwahl begründet.