Wieder zeigt sich, dass Putin nur auf Druck reagiert. Offenbar hat er Trumps Drohung mit Sekundärsanktionen ernster genommen als mancher im Westen; immerhin hat der amerikanische Präsident im Fall von Indien gezeigt, dass er bereit ist zu handeln. Die Öleinnahmen sind für Russland so wichtig, dass Trump hier einen Hebel gefunden hat, den der Westen bisher zu zögerlich genutzt hat.
Aber das ist Schnee von gestern. Unter Biden gab es weder in Amerika noch in Europa Bereitschaft, die Beziehungen zu Indien wegen der Ukraine einer solchen Belastungsprobe auszusetzen (geschweige denn die zu China).
Der Minsk-Prozess schaffte keinen Frieden
Putins Bereitschaft zu einem Treffen ist allerdings weit entfernt von Trumps Forderung, dass Russland innerhalb von zehn oder zwölf Tagen einer Regelung zur Beendigung des Krieges zustimmen müsse. Tatsächlich hat sich der russische Präsident mit einem minimalen Zugeständnis erst einmal Luft verschafft. Man sollte auch nicht zu viel von einer persönlichen Begegnung der beiden Staatschefs erwarten. Putin hat viel Übung darin, solche Anlässe für seine Zwecke zu nutzen: um der Gegenseite Zugeständnisse abzuringen oder Zeit zu schinden. Der Minsk-Prozess schaffte bekanntlich keinen Frieden, sondern war nur eine Durchgangsstation bis zur nächsten russischen Eskalation.
Dass der Kreml ein Dreiertreffen mit Selenskyj vermeiden will, zeigt, dass die Russen immer noch darauf hoffen, dass sie die Sache bilateral mit Trump regeln können, und zwar in ihrem Sinne. Das wäre, um mit dem US-Präsidenten zu sprechen, auch für Amerika ein schlechter „Deal“, weil er keine Stabilität bringen würde. Dass Rubio einen Abgleich mit den Positionen der Ukraine und der Europäer ankündigt, ist ein Hinweis darauf, dass man das in Washington verstanden hat.
Der Ukraine ist zu wünschen, dass nun eine Phase ernsthafter Diplomatie beginnt, denn dieser Krieg dauert schon viel zu lange. Die westliche Strategie zielte immer darauf ab, Putin an den Verhandlungstisch zu bekommen. Dieser Moment scheint jetzt gekommen, wenn auch nicht in einer Zeit ukrainischer Stärke. Am Ende käme es auf die Details an, deshalb müssen die Europäer alles daransetzen, Gehör zu finden: Es geht nicht nur um eine mögliche Neuordnung der Ukraine, sondern auch von (Ost-)Europa.