Wie viel Menschen gehen, hängt von Stadt und Umgebung ab

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Von New York und Darmstadt lernen

So prägt Ihre Stadt, wie viel Sie sich bewegen

13.08.2025 – 17:00 UhrLesedauer: 4 Min.

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Menschen in einer Großstadt: Wie viele Schritte Sie täglich schaffen, hängt nicht nur von Ihrem Willen ab, sondern offenbar auch davon, wie Ihr Wohnort gebaut ist. (Quelle: Frank Rumpenhorst/dpa)

Bewegung schützt die Gesundheit. Wie viel Menschen gehen, hängt stark von ihrer Wohnumgebung ab. Eine Studie weist das eindeutig nach und liefert Erkenntnisse für deutsche Städteplaner.

Mal eben zum Bäcker gehen, durch den Park spazieren oder abends ins Kino: Die Struktur von Städten beeinflusst direkt, wie viel die Bewohner einer Stadt zu Fuß gehen – und damit auch die Gesundheit der Menschen. Das belegt erstmals eindeutig die minutiöse Analyse App-basierter Bewegungsdaten von Menschen in US-Städten.

Die Fußmobilität sei vor allem wichtig für die Gesundheit, schreibt das US-Team um Tim Althoff von der University of Washington in Seattle im Fachjournal “Nature”. Sehr viele Menschen weltweit bewegten sich zu wenig und steigerten damit ihre Risiken für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Krebs. Das gelte zunehmend für die Städte, wo bis 2050 schätzungsweise 6,7 Milliarden Menschen leben werden. Wie wichtig Bewegung für die körperliche Gesundheit ist, belegen Studien zweifelsfrei.

Ein deutscher Experte hält die Resultate generell für übertragbar: “Auch in deutschen Städten hängt Gehen davon ab, wo man lebt und wie gut dort das fußläufige Angebot ist”, sagt Stefan Siedentop von der Technischen Universität Dortmund, der nicht an der Studie beteiligt war. Wichtig sei die Erreichbarkeit etwa von Geschäften, Ärzten, Gastronomie, Schulen, Freizeiteinrichtungen und Parks. Dies müsse man bei der Raumplanung stärker berücksichtigen.

Dass eine städtische Umgebung Menschen zu körperlicher Aktivität anspornt, war bisher zwar viel erforscht, galt aber als nicht eindeutig gesichert. Um dies zu klären, wertete das US-Team Daten von rund 5.400 Nutzern der Smartphone-App Argus aus, die die Schrittzahl der Menschen erfasst. Diese sind über einen Zeitraum von drei Jahren mehrfach umgezogen – damit konnte das Team den langfristigen Einfluss der Umgebung verschiedener Städte auf die körperliche Aktivität systematisch überprüfen und mit einem bereits bestehenden Index zur Gehfreundlichkeit von Städten abgleichen. Als gehfreundlichste Stadt gilt New York City.

Demnach gingen jene Teilnehmer, die aus wenig gehfreundlichen Städten nach New York City zogen, im Mittel tatsächlich 1.400 Schritte pro Tag mehr: Sie steigerten ihr durchschnittliches Pensum von 5.600 auf 7.000. Im gleichen Maße nahm die Zahl der Schritte bei jenen Menschen ab, die umgekehrt aus der Metropole wegzogen. Andere mögliche Einflüsse, etwa Alter, Geschlecht, Body-Mass-Index, Jahreszeit und generelles Aktivitätslevel, wurden von den Forschern bei der Analyse berücksichtigt.

“Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Veränderungen der baulichen Umgebung große Populationen beeinflussen können – im Vergleich zu Interventionen, die auf Individuen abzielen und nur kleine Gruppen erreichen”, schreibt die Gruppe. Der Analyse zufolge entspricht etwa ein Sechstel der US-Bevölkerung (18 Prozent) der Empfehlung, 150 Minuten pro Woche zu gehen. Bei einer recht anregenden Umgebung wie etwa in Chicago oder Philadelphia, so berechnet die Gruppe, seien es über 29 Prozent, im Falle von New York City sogar fast ein Drittel (32,5 Prozent).