Wie Elon Musk in Deutschland und den USA provoziert

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Donald Trump teilt sich das Rampenlicht nicht gern. Da ist es fraglich, wie ihm die politischen Streifzüge seines engen Vertrauten Elon Musk dieser Tage gefallen.

Es begann in den Vereinigten Staaten selbst. Der Tech-Milliardär Musk, trotz der Nähe zum künftigen amerikanischen Präsidenten ein Privatmann, legte sich im Streit über Arbeitsvisa für hoch qualifizierte Arbeitnehmer in den vergangenen Tagen mit dem Rechtsaußen-Flügel der Republikaner an. Um die Visa zu verteidigen, werde er „in den Krieg ziehen“, schrieb Musk auf seiner Plattform X und beleidigte einen Kritiker unflätig.

Tags darauf dann wurde bekannt, dass Musk sich abermals in die deutsche Politik eingemischt hat. Nach einem Beitrag auf seiner Plattform X vor einigen Wochen pries der Tech-Unternehmer die AfD in einem Gastbeitrag in der „Welt am Sonntag“ nun in einer längeren Stellungnahme. Deutschland taumele „am Rande des wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenbruchs“, schrieb der 53 Jahre alte Musk. Die AfD sei dabei „der letzte Funke Hoffnung“. Allein sie setze sich für wirtschaftliche Freiheiten und staatliche Deregulierung ein, wolle die Einwanderungspolitik kontrollieren und vertrete in der Energiepolitik „einen pragmatischen Ansatz“.

„Klingt das für Sie nach Hitler?“

Den Vorwurf des Rechtsextremismus wischte Musk mit dem Argument beiseite, Parteichefin Alice Weidel sei ja lesbisch und ihre Partnerin aus Sri Lanka. „Klingt das für Sie nach Hitler? Ich bitte Sie!“, schrieb der in Südafrika geborene Amerikaner an die Deutschen gerichtet. Sie sollten sich von dem der AfD „angehefteten Label nicht beirren“ lassen. Die Partei könne Deutschland „davor bewahren, ein Schatten seines früheren Selbst zu werden“, nachdem das Land es sich „in der Mittelmäßigkeit zu bequem gemacht“ habe.

Derlei Weltuntergangsrhetorik war von Trump (und auch Musk) im amerikanischen Wahlkampf vielfach zu hören. Die Republikaner haben sich die Angst vieler Amerikaner vor dem wirtschaftlichen Abstieg, der Bedeutungslosigkeit in der Welt und der kulturellen Entfremdung im eigenen Land zunutze gemacht.

Mit ebendiesen Argumenten versuchte Musk es auch im Gastbeitrag für die „Welt am Sonntag“, die laut Medienberichten auch aus dem eigenen Medienhaus heftige Kritik nach sich zog. Die Meinungschefin Eva Marie Kogel gab auf X gar bekannt, sie habe nach dem Abdruck des Beitrags gekündigt. Musk hatte sich Mitte Dezember bereits öffentlich für die AfD ausgesprochen. Nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg bezeichnete er Bundeskanzler Olaf Scholz als „inkompetenten Narren“, der sofort zurücktreten müsse.

Streit in der MAGA-Welt

In den Vereinigten Staaten soll Musk unter Trump künftig als einer der Zuständigen für das nicht der Regierung zugehörige „Department of Government Efficiency“ den Verwaltungsstaat in Washington zerlegen. Dabei geht es ihm nicht nur um den Abbau der Bürokratie, sondern auch darum, jegliche „Wokeness“ in den Behörden auszuräuchern. Dazu zählt Musk den Kampf gegen „DEI“, ein Konzept mit den Schlagworten Diversität, Gleichheit und Inklusion, das bestimmte Gruppen für mehr Gerechtigkeit in Unternehmen bei der Einstellung in den Fokus nimmt.

Umso schlechter nahm der rechte Flügel der Republikaner einen Beitrag des Republikaners und Tech-Unternehmers Vivek Ramaswamy auf, mit dem Musk die „Effizienz-Behörde“ leiten soll. Der in Ohio geborene Sohn indischer Einwanderer setzte in der vergangenen Woche zu einer Generalkritik an der amerikanischen Gesellschaft an. Ramaswamy schrieb auf X, führende Tech-Unternehmer stellten häufig Migranten oder Amerikaner erster Generation ein, weil die amerikanische Kultur „schon viel zu lange Mittelmäßigkeit anstatt Spitzenleistungen“ bevorzuge. Eine Kultur, die eine Prom-Queen mehr feiere als einen Sieger der Mathe-Olympiade, „wird nicht die besten Ingenieure hervorbringen“.

Wer mit dem Bedürfnis nach Normalität aufgewachsen sei, werde nur Normalität erreichen, fuhr der Milliardär fort. Trumps Neuanfang für Amerika gelinge nur, wenn das Land aufwache. „Anstatt sich in Opfermentalität zu suhlen“ und sich andere Einstellungspraktiken zu wünschen, müsse man diese harte Arbeit machen.

Musk sprang Ramaswamy bei und beeilte sich zu sagen, dass Einwanderung nur als Ergänzung, nicht aber als Ersatz für amerikanische Arbeiter genutzt werde. Es handele sich um „die besten ~0,1 Prozent der Ingenieurtalente“, die legal ins Land geholt werden sollten und die „unerlässlich“ für Amerikas Erfolg seien. Konkret geht es dabei um das H-1B-Visum für hoch qualifizierte Arbeitnehmer, von dem die meisten Unternehmen im Silicon Valley in den vergangenen Jahren profitiert haben.

Schaden war angerichtet

Doch der Schaden war angerichtet. Allen voran warf die Trump-Unterstützerin und rechte Influencerin Laura Loomer den beiden Männern den Ausverkauf der amerikanischen Kultur vor. Die frühere Präsidentschaftsbewerberin Nikki Haley schaltete sich mit der Bemerkung ein, es sei „nichts falsch an den amerikanischen Arbeitern oder der amerikanischen Kultur“. Man müsse Prioritäten setzen, jedoch nicht bei ausländischen Arbeitern. Befeuert wurde die Debatte außerdem, als Musk einigen Kritikern der MAGA-Bewegung offenbar ihre Verifizierungszeichen bei X entzog.

Der öffentlich ausgetragene Streit ist kein Einzelfall, sondern offenbart einen Riss in Trumps „Make America Great Again“-Bewegung. Diese wurde bislang vor allem von Trumps treuer Basis getragen, der weißen Arbeiterschaft.

Mit Musk und Ramaswamy sind inzwischen jedoch milliardenschwere Tech-Unternehmer zum MAGA-Sprachrohr geworden, die ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen haben. Diejenigen, die Amerika durch eingeschränkte Einwanderung und „America First“ zu „alter Größe“ zurückführen wollen, stehen denjenigen gegenüber, die Kosten senken und Effizienz steigern wollen, wenn nötig auch mit Arbeitern aus dem Ausland.

Trump sprang Musk und Ramaswamy in der Debatte schließlich bei und äußerte, er habe diese Visa „immer gemocht“. Wie Musk mit Kritik umgeht, bewies er in dieser Debatte gleich mehrfach. Er schrieb unter anderem, die Kritiker seien „verachtenswerte Narren“. Später stellte er klar, damit meine er „hasserfüllte Rassisten“, die den Untergang der Republikaner darstellten und aus der Partei entfernt werden müssten. In Reaktion auf die Kritik eines X-Nutzers am H-1B-Visum schrieb er dem Betreffenden, er solle einen großen Schritt zurücktreten und „sich selbst ficken“. Er, Musk, werde die amerikanische „Leistungsgesellschaft bis aufs Blut“ verteidigen.