Die Mitte-rechts-Koalition unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat im Streit über die Einstufung sicherer Herkunftsländer einen weiteren Teilerfolg vor Gericht erzielt. Das Kassationsgericht in Rom befand, dass es den zuständigen Ministerien in Rom obliege, ein Herkunftsland als sicher einzustufen, und nicht den Richtern an untergeordneten Gerichten.
Diese könnten nur bei Einzelfallprüfungen, nicht jedoch pauschal die geplante Rückführung von Migranten in deren Heimatländer unterbinden. In der Sache müsse ein Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofes abgewartet werden, mit dem im April gerechnet wird.
Die Regierung in Rom will deshalb noch im Januar die Verbringung von erwachsenen männlichen Bootsmigranten aus 19 als sicher eingestuften Herkunftsländern in die exterritorialen Aufnahme- und Abschiebelager nach Albanien wieder aufnehmen. Auf Roms Liste sicherer Herkunftsländer stehen neben sechs Balkanstaaten unter anderen Ägypten, Algerien, Bangladesch, Gambia, Ghana, Marokko, Senegal, Sri Lanka und Tunesien.
Die italienischen Lager in Albanien stehen seit Ende Oktober leer, nachdem italienische Verwaltungsgerichte die Einstufung von Herkunftsländern durch die Regierung als sicher zurückgewiesen und die Verbringung der Bootsmigranten von Albanien nach Italien angeordnet haben.
31.000 Tote und Vermisste seit 2024
Nach Angaben des italienischen Innenministeriums sind im vergangenen Jahr 66.317 Migranten nach Italien gekommen. 2023 waren es mit 157.651 fast zweieinhalbmal so viele gewesen, während im Jahr davor 105.131 Migranten registriert worden waren. Das Mittelmeer zählt zu den gefährlichsten Fluchtrouten der Welt. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) starben seit 2024 mehr als 31.000 Menschen bei dem Versuch, das Mittelmeer zu überqueren, oder gelten als vermisst.
Nach der Havarie eines Migrantenbootes an Silvester vor der Küste der italienischen Insel Lampedusa wurden unterdessen 20 Menschen vermisst. Das Boot war von Libyen aus zu der gefährlichen Fahrt über das Mittelmeer gestartet. Wie die italienische Nachrichtenagentur Ansa berichtete, konnten sieben Passagiere des Bootes von der italienischen Küstenwache gerettet werden. Sie stammten aus Syrien, dem Sudan und Ägypten. Zu ihnen gehörte auch ein achtjähriger Junge aus Syrien, dessen Mutter zu den Vermissten zählt. Der Junge konnte von Lampedusa aus per Videotelefonat mit seinem in Deutschland lebenden Vater Kontakt aufnehmen.
Die Küstenwache setzte die Suche nach den Vermissten an Neujahr fort, obschon für sie kaum noch Hoffnung bestand. Unter den 20 Vermissten befinden sich laut Ansa fünf Frauen und drei Kinder. Die sieben Überlebenden der Havarie wurden am Mittwoch in Einrichtungen auf dem italienischen Festland gebracht.
Am letzten Tag des Jahres 2024 hatten insgesamt 278 Bootsmigranten Lampedusa erreicht, den südlichsten Außenposten Italiens im Mittelmeer. Die meisten waren von vier unterschiedlichen Booten von Schiffen der italienischen Küstenwache und der Finanzpolizei aufgenommen und an Land gebracht worden. 72 Migranten hatten mit ihrem Boot aus eigener Kraft den Strand einer kleinen Insel vor der Südküste Lampedusas erreicht.