Arbeitsmarkt in Winterpause: Wieso Arbeitslosigkeit sich verfestigt

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Die Winterpause am Arbeitsmarkt hat begonnen: Die Ar­beitslosigkeit in Deutschland ist im Dezember leicht gestiegen – um 0,1 Prozentpunkte auf eine Quote von sechs Prozent. Damit waren im Dezember 2,8 Millionen Menschen arbeitslos. Das sind 33.000 mehr als im Vormonat und 170.000 mehr als im Dezember vor einem Jahr. Dieser saisonale Effekt ist erwartbar, doch auch die Aussichten für 2025 sind trüb. Die Vorsitzende der Bundesagentur für Arbeit (BA), Andrea Nahles, sagte am Freitag in Nürnberg: „Der Anstieg hat weitgehend saisonale Gründe […], doch auch die schwache wirtschaft­liche Lage schlägt sich nieder.“

Die Arbeitslosigkeit steigt regelmäßig im Winter an. Diese Zunahme ist erwartbar und daher nicht problematisch. Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) erklärt: „Der Punkt ist nicht, ob die Arbeitslosigkeit in der Saisonspitze die Drei-Millionen-Marke überschreitet oder nicht. Der Punkt ist, dass die Arbeitslosigkeit schon seit Längerem steigt und auch weiter steigen wird.“

Die Arbeitskräftenachfrage bleibt weiter schwach: Im Dezember waren bei der BA 654.000 Arbeitsstellen gemeldet, 59.000 weniger als vor einem Jahr. Weber warnt: „Die neuen Stellenmeldungen sind so niedrig wie nie, das liegt an der Un­sicherheit. Es entsteht zu wenig Neues in der Transformation.“ Nahles sagte am Freitag dazu: „Die Transformation ist herausfordernd für viele Unternehmen, aber dennoch notwendig.“ Sie verweist auf die Unterstützungsmöglichkeiten der BA, wie dem Kurzarbeitergeld.

Denn auch bei der konjunkturellen Kurzarbeit zeigt sich die schwierige wirtschaftliche Lage, das Instrument wird wieder deutlich stärker in Anspruch genommen. Im Oktober 2024, das sind die aktuellsten Daten, hat die Zahl um 60.000 zugenommen. Insgesamt haben im Oktober 287.000 Beschäftigte konjunkturelles Kurzarbeitergeld erhalten, das ist im langfristigen Vergleich ein erhöhtes Niveau. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat die Verlängerung der Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes auf bis zu 24 Monate ins Bundeskabinett eingebracht. Im Dezember 2024 wurde sie beschlossen.

2024 ist Arbeitslosigkeit kontinuierlich gestiegen

Im gesamten Verlauf des Vorjahres sind Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung kontinuierlich gestiegen. Im Durchschnitt lag die Arbeitslosenquote im Jahr 2024 auf sechs Prozent. Damit wurde das Ni­veau der vergangenen Jahre überschritten. Weber verweist auf die Problematik dieser kontinuierlichen Entwicklung: Sie käme zum einen von Entlassungen, aber auch davon, dass die Chancen von Arbeitslosen, in Jobs zu kommen, so niedrig seien wie noch nie. Die drohende Verfestigung sei der kritische Punkt, an dem es gegenzusteuern gelte.

Weber sagt: „Es geht darum, alle Register zu ziehen: Verbindliche Regeln in der Grundsicherung, aber auch Unterstützung und Qualifizierung von Arbeitslosen.“ Mit Blick auf das neue Jahr sagte Nahles: „Die Zweiteilung des Arbeitsmarktes setzt sich auch 2025 fort.“ Einerseits rechne die BA mit leicht steigenden Arbeitslosenzahlen auch 2025, andererseits aber ebenfalls mit einer wachsenden Beschäftigung, wenn auch abgeschwächt im Vergleich zu 2024.

Beim Blick auf die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im Jahr 2024 fallen zwei Aspekte besonders ins Auge: Aufgrund des demographischen Wandels geht die Beschäftigung von Deutschen seit 2023 zurück. Das Beschäftigungswachstum geht allein auf Menschen mit ausländischem Pass zurück, zuletzt sogar ausschließlich auf Menschen von außerhalb der Euro­päischen Union. Außerdem konzentriert sich das Beschäftigungswachstum vor allem auf westliche Bundesländer. In den meisten ostdeutschen Flächenländern schrumpft die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.

Am deutlichsten sichtbar ist die gegenläufige Entwicklung zwischen den einzelnen Branchen. In den meisten Dienstleistungsbereichen, vor allem im Gesundheitswesen, in der Pflege, Erziehung und im öffentlichen Dienst setzt sich das Beschäftigungswachstum weiter fort. Diesem Anstieg stehen allerdings zum Teil kräftige Einbußen im produzierenden Bereich ge­genüber. Allein im verarbeitenden Gewerbe waren zuletzt mehr als 90.000 Personen weniger beschäftigt also noch vor einem Jahr.