Die Arbeitnehmervereinigung in der CDU hat sich dagegen ausgesprochen, die Lohnfortzahlung am ersten Krankheitstag zu streichen. „Dieser Vorschlag ist gänzlich inakzeptabel“, sagte der Vorsitzende Dennis Radtke dem „Tagesspiegel“. Er sprach von einer „Kultur des Misstrauens gegenüber allen Arbeitnehmern“ und einem „Klassenkampf von oben“. Menschen mit kleinen Einkommen würden sich dann krank zur Arbeit schleppen und andere gefährden, befürchtet Radtke.
Der Allianz-Chef Oliver Bäte hatte vorgeschlagen, dass Arbeitnehmer die Kosten für den ersten Krankheitstag selbst tragen. So würden die Arbeitgeber entlastet, für die der hohe Krankenstand ein Problem sei. Der Wirtschaftswissenschaftler Bernd Raffelhüschen sprach sich für drei unbezahlte Krankheitstage und mehr Eigenbeteiligung gesetzlich Versicherter bei Arzneimittel- und Arztkosten aus. Die Einführung von ein bis drei Karenztagen sei sinnvoll, sagte Raffelhüschen der “Bild”-Zeitung vom Dienstag. “Das würde kein soziales Problem auslösen. Karenztage sind ein guter Weg, um selbst zu entscheiden, ob man arbeitsfähig ist oder nicht.”
Allerdings seien Karenztage „nur Tropfen auf den heißen Stein”. Nötig sei eine höhere Selbstbeteiligung der gesetzlich Versicherten, „damit die Krankenkassen entlastet werden”, sagte Raffelhüschen weiter. Patienten sollten zum Beispiel die ersten 500 oder 1000 Euro bei Arztbehandlungen im Jahr selbst tragen. Denkbar wäre auch, dass alle Medikamente zu 20 Prozent aus eigener Tasche bezahlt werden müssen. „Klar ist, dass wir eine andere Akzeptanz für Gesundheit haben müssen: dass man für Krankheit auch selbst einstehen muss.”
Gewerkschaftsbund: Vorschlag „zutiefst ungerecht”
Der Deutsche Gewerkschaftsbund kritisierte den Vorschlag Bätes als „zutiefst ungerecht”. Vorstandsmitglied Anja Piel verwies zudem auf Statistiken der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), wonach der Krankenstand in Deutschland kein Rekordniveau erreicht hat. Demnach sind die von den Krankenkassen gemeldeten Höchstwerte für das Jahr 2024 vor allem eine Folge der besseren Erfassung von Krankheitstagen und somit ein statistischer Effekt.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland 2023 durchschnittlich 15,1 Arbeitstage krankgemeldet.