Es soll Menschen geben, die ihren Christbaum bis zum 2. Februar stehen lassen. Denn eigentlich endet die Weihnachtszeit erst an Mariä Lichtmess, 40 Tage nach der Geburt Christi. Die meisten Deutschen werden aber wohl nicht warten wollen, bis die letzte Nadel abgefallen ist. Sie entsorgen ihren Christbaum in der Regel spätestens zu Dreikönig am 6. Januar. Dann dreht die Müllabfuhr Extrarunden, um die Bäume abzuholen.
Der Christbaum muss aber nicht unbedingt im Häcksler oder in der Müllverbrennungsanlage enden. Er kann auch in der Küche verwertet werden. Ja, richtig gelesen: Man kann ihn essen. Sich an Tannenbäumen gütlich tun ist angeblich nicht nur köstlich, sondern auch gesund; umweltfreundlich ohnehin. Wer nach der Festtagsvöllerei etwas Neues probieren möchte, verwertet seinen Christbaum kulinarisch. Aber bitte keine pikenden Zweige abnagen oder in harte Zapfen beißen, sondern den Baum auseinandernehmen und verarbeiten. Auf die richtige Zubereitung kommt es an!
Dieser Text stammt aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
Natürlich muss sich niemand von Stumpf, Stamm oder Ast ernähren – Holz ist unverdaulich –, aber Nadeln und Zapfen eignen sich tatsächlich für den Teller, wenn auch nicht als Hauptzutat. So jedenfalls empfehlen es manche Kräuterexpertinnen im Land. Sie schwärmen von der Aromenvielfalt hiesiger Nadelgewächse, haben Gerichte kreiert und baumbasierte Rezepte zusammengestellt.
Und wie schmeckt der Wald?
Ist das lecker – oder kann das weg? Victoria Lorenz aus Oberbayern hat dem Weihnachtsbaumschmaus kürzlich ein ganzes Buch gewidmet. Darin erklärt die Kräuterpädagogin typisches Heilkundewissen, vor allem aber Tipps aus der Waldküche. Der Nadelwald beschert uns demnach Suppen und Sirup, Gewürze und Öle, aber auch Gin. Fichtenbutter und Waldkaviar werden angepriesen sowie Wald-Dashi, Baumbrühe oder Fichten-Zitronen-Kraut. Zudem kommen Fichten- und Tannennadeln für die Fischbeize infrage.
Und wie schmeckt der Wald? Angeblich gut. Und vielfältig, wenn man der Autorin glauben mag. Die Weißtanne erinnert demnach an Mandarine, die Douglasie an Orange, die Fichte schmeckt intensiv-zitronig und die Kiefer fügt pfeffrige Aromen hinzu. Eine wahre Geschmacksbombe soll die Küstentanne sein, die nach Grapefruit schmeckt. Ob auch die Nordmanntanne mundet, ist nicht klar.
Vorsicht bei Pestizid- und Düngerbomben
Als sehr aromatisch hat sich der Nadelwald also entpuppt – aber dabei ist er, glaubt man Victoria Lorenz, nicht aufdringlich. Damit sich die Aromen der ätherischen Öle entfalten, müssen die Nadeln aufgebrochen oder gehäckselt werden. Wie bei jedem Gewürz gilt: Nicht zu viel verwenden! Hüten sollte man sich allerdings vor Eibe oder Thuja. Die duften zwar ebenfalls fein, sind aber giftig. Zapfen hingegen eignen sich zum Einmachen. Dafür verwendet man die jungen Zapfen aus dem Frühling, kocht sie mit Sirup ein – fertig ist der Waldsnack für Zwischendurch.
Allerdings sollte man vor der Zubereitung kurz darüber nachdenken, wo man das weihnachtliche Gewächs erstanden hat. Christbäume, die für das Weihnachtsfest in Plantagen herangezüchtet werden, sind nämlich veritable Pestizid- und Düngerbomben. Wer eine kulinarische Verwertung des Christbaums ausprobieren möchte, der sollte beim nächsten Kauf auf biologischen Anbau achten. Mit Butter sollte man anfangen, empfehlen die Kräuterpädagogen. Fichtenbutter soll großartig schmecken. Wohl bekomm’s.