„Arbeit und Investitionen entlasten – Konsum belasten“

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Im internationalen Vergleich ist hierzulande die Steuerlast von großen Unternehmen, aber auch Handwerkern, Freiberuflern und Arbeitnehmern überdurchschnittlich hoch. Eine isolierte Senkung der Ertragsteuern ist angesichts des ausgereizten Spielraums in der Schuldenregel kaum finanzierbar. Union und FDP denken an eine Senkung der Körperschaftsteuer in Schritten und eine punktuelle Entlastung im Rahmen der Einkommensteuer, etwa für Überstunden und Arbeit im Rentenalter. SPD und Grüne wollen stattdessen zukunftsträchtige Investitionen mit einer Prämie anregen, sie halten dies für günstiger für den Staat. Das Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung bereichert diese Debatte mit seinem Vorschlag, die Mehrwertsteuer etwas zu erhöhen, um auf diese Weise eine wachstumsfreundliche Steuerreform finanzieren zu können.

Die heikle Ausgangslage skizzieren die Wissenschaftler mit folgenden Worten: Im Gegensatz zur Erholung und Wachstumsdynamik in anderen führenden Volkswirtschaften offenbare die wirtschaftliche Stagnation in Deutschland tiefer liegende strukturelle Schwächen. „Diese umfassen, aber beschränken sich nicht auf hohe Energiekosten, eine übermäßige Bürokratie und eine im internationalen Vergleich hohe Steuer- und Abgabenlast, die sowohl Unternehmen als auch private Haushalte betrifft.“ Besonders problematisch sei die derzeitige Steuerstruktur, die durch eine Kombination aus direkten Steuern, Sozialversicherungsabgaben und Transfersystemen dazu beitrage, die Arbeits- und Leistungsanreize für Teile der Erwerbsbevölkerung massiv zu beeinträchtigen.

Wie die Ökonomen herausarbeiten, lag Deutschland im Jahr 2023 mit der Besteuerung von Gewinnen von Kapitalgesellschaften im internationalen Vergleich in der absoluten Spitzengruppe. Hierzulande gingen knapp 30 Prozent an den Staat, während in vielen Ländern der EU Steuersätze um 20 Prozent oder weniger angesetzt würden. Im Kreis der G-7-Staaten habe Deutschland sogar die höchste Steuerlast auf die Gewinne von Unternehmen. Eine schrittweise Senkung der Unternehmensbesteuerung in Deutschland könnte daher darauf abzielen, die Attraktivität Deutschlands als Standort für Investitionen und Arbeitsplätze zu steigern und Anreize zu mindern, Gewinne in Niedrigsteuerländer zu verlagern.

Auch Abgabenlast auf Arbeitseinkommen überproportional hoch

Auch die deutsche Steuer- und Abgabenlast auf das Arbeitseinkommen ist nach der Studie im internationalen Vergleich überproportional hoch. So sei Deutschland bei Einzelpersonen mit einem Durchschnittseinkommen Spitzenreiter. Bei einer Familie mit zwei Kindern und zwei Durchschnittslöhnen weise nur Frankreich höhere Steuern und Sozialabgaben auf. Dagegen liege Deutschland mit seinen indirekten Steuern (dazu gehören nicht zuletzt Umsatzsteuer, Energiesteuer, Tabaksteuer) im Ländervergleich eher im Mittelfeld.

Die Ifo-Ökonomen werben für eine grundlegende Reform, um die Arbeits- und Leistungsanreize zu stärken. Einkommensteuer und Transfersystem erzeugten heute Fehlanreize, die die Aufnahme oder Ausweitung einer Erwerbstätigkeit hemmten. In dem Zusammenhang plädieren sie für eine Korrektur des Ehegattensplittings, um die Frauen aus der „Zweitverdienerfalle“ zu holen. Nichts halten sie von Steuervergünstigungen für Überstunden. In dem Fall sei nicht mit signifikanten Impulsen für Arbeit und Wachstum zu rechnen. Anders beurteilen sie eine Entlastung der Erwerbsarbeit im Rentenalter. Solche Anreize könnten zielführend sein. Konkret regen die Wissenschaftler aus München an, die Körperschaftsteuer um zunächst fünf Prozentpunkte zu senken und die Abschreibungsregeln zu verbessern. In den ersten Jahren sei mit geringeren Steuereinnahmen zu rechnen. Das könnte durch eine moderate Erhöhung der Umsatzsteuer ausgeglichen werden.