Belarus: Lebenszeichen von Viktor Babariko

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Viktor Babariko lebt, wirkt abgemagert, aber wohlauf: Das muss nach mehr als 630 Tagen ohne Nachrichten von dem Einundsechzigjährigen als Neuigkeit aus Belarus gelten. In den Präsidentenwahlen 2020 galt der frühere Bankier als aussichtsreichster Gegner von Machthaber Alexandr Lukaschenko. Er wurde Mitte Juni 2020, anderthalb Monate vor der Wahl, inhaftiert und im Juli 2021 zu 14 Jahren Straflager verurteilt.

Auf Telegram erinnerten Mitstreiter am Mittwoch daran, dass Babariko seit April 2023 im sogenannten Incommunicado-Re­gime isoliert wurde. Etwa zur selben Zeit hieß es, er sei in der Haft in der nordbelarussischen Stadt Nowopolozk zusammengeschlagen und in ein Krankenhaus gebracht worden. „Ich liebe euch alle sehr“, sagt Babariko nun in einem Video. Er trägt darin schwarze Häftlingskluft und richtet die Botschaft wohl an Verwandte – ganz klar wird das nicht, die Aufnahmen sind gekürzt.

Protassewitsch besuchte ihn

Zuerst veröffentlichte sie zusammen mit Fotos dieser Begegnung der Mann, den das Regime für solche „humanitären Missionen“ auserwählt hat: Roman Protassewitsch. Dem früheren Oppositionsjournalisten galt im Mai 2021 die Zwangslandung des Ryanair-Flugs von Athen nach Vilnius in Minsk. Vom Regime misshandelt, verurteilt, begnadigt und benutzt, war es Protassewitsch Mitte November zu­gefallen, Marija Kolesnikowa in Haft zu besuchen. Von ihr hatte es zuvor mehr als 600 Tage lang keine Nachrichten gegeben.

Kolesnikowa war 2020 an Babarikos Stelle in den Wahlkampf eingestiegen und wird seit September jenes Jahres festgehalten. Um beider Gesundheit hatte es große Sorgen gegeben. Protassewitsch sagte, Ziel seines Besuchs bei Babariko in dessen „Besserungskolonie“ in Nowopolozk sei es gewesen, ihm „Nachrichtlein von seinen Verwandten“ zu überbringen und einen Brief mit zurückzunehmen. Babariko „sieht gut aus“, sei „heiter“ und habe seine „Redegewandtheit nicht verloren“.

Swetlana Tichanowskaja, die ins Exil gezwungene, vermutliche Wahlsiegerin von 2020, sprach angesichts der Bilder von Babariko von „enormer Erleichterung“. Ihr Mann Sergej Tichanowskij wird ebenfalls in Haft „incommunicado“ gehalten. Sie rief auch dazu auf, die noch „mehr als 1200 politischen Gefangenen“ in Belarus nicht zu vergessen. Zu diesen zählt auch Babarikos Sohn Eduard, der 2020 mit seinem Vater festgenommen wurde. Schritte wie Protassewitschs Haftbesuche und eine Reihe von Begnadigungen werden als Gesten Lukaschenkos vor Präsidentenscheinwahlen am 26. Januar gewertet oder als Versuche, wieder mit dem Westen ins Gespräch zu kommen.