Die verheerenden Feuer im Großraum Los Angeles bringen die ohnehin unter Druck stehenden Versicherer in Kalifornien in Bedrängnis. Sie werden zusammen mit dem Bundesstaat die Kosten tragen, die in die Milliarden Dollar gehen werden. Ein beträchtlicher Anteil lastet überdies auf den Hauseigentümern selbst, die entweder gar oder nicht genügend gegen Feuer versichert sind. In Kalifornien gibt es keine Pflicht zu einer Hausversicherung, auch wenn Immobilienkreditgeber auf eine Feuerversicherung pochen. Der Wetterdienstleister Accu Weather beziffert den Schaden auf bis zu 57 Milliarden Dollar. Das ist deutlich mehr, als für die zerstörerischen Waldbrände in Hawaii geschätzt worden war.
Der größte Brand in Los Angeles trifft den kalifornischen Versicherungsmarkt ausgerechnet mitten in einer umfassenden Reform, die ein großes Ziel verfolgt. Sie soll den vor einigen Jahren einsetzenden Exodus von Assekuranzen aus dem Gebäudeversicherungsmarkt stoppen. Namhafte Konzerne hatten 2023 angekündigt, sich aus dem kalifornischen Markt zurückzuziehen oder die Zahl der Neuabschlüsse von Gebäudeversicherungen stark zu reduzieren. Die Branche begründete den Rückzug damit, dass eine historische Verteuerung der Baukosten und der rapide Anstieg der Katastrophenrisiken neue Policen nicht mehr tragbar machten. Vor allem Waldbrände hatten gewaltige Versicherungsschäden ausgelöst.
Ein zentraler Faktor war, dass kalifornische Gesetze es den Unternehmen damals noch verboten, Prognosemodelle zur Basis der Beitragskalkulation zu erstellen. So mussten Klimatrends, Vegetationsveränderungen und die Tatsache, dass immer Häuser und ganze Wohngebiete in bewaldeten Zonen entstanden, in der Kalkulation der Beiträge unberücksichtigt bleiben. „Im Grunde verlangt der Gouverneur von den Versicherungen, Geld zu verlieren“, kommentierte damals der Umweltökonom Matthew Kahn.
Springt der kalifornische Staat ein?
Ende vergangenen Jahres zog die kalifornische Versicherungsbehörde California Department of Insurance die Notbremse. Sie erließ neue Vorschriften, die es Versicherern nun erlauben, einen Teil ihrer Rückversicherungskosten an ihre Kunden weiterzugeben. Diese ermöglichen es ihnen, mithilfe von „Katastrophenmodellierung“ mögliche zukünftige Verluste zu prognostizieren, statt sich einfach auf historische Daten zu verlassen. Die Änderungen haben einen Aufschrei der Empörung entfacht. Die Gegner sagten, dass damit die Versicherungsbeiträge dramatisch steigen würden. Doch die Änderungen haben auch dazu geführt, dass sich einige Versicherungen zurück nach Kalifornien gewagt haben. Sie könnten durch das Ausmaß der neuen Schäden allerdings wieder abgeschreckt werden.
Einige Experten glauben nach Angaben des Mediendienstes Axios, dass der kalifornische Staat selbst als Versicherer der letzten Instanz in die Bresche springen müsse. Das ist so ungewöhnlich nicht. In Florida zum Beispiel deckt der Bundesstaat Sturmschäden ab. Wie andere Bundesstaaten hat Kalifornien überdies nun schon einen staatlichen FAIR Plan. Dieser springt bei Brandrisiken für Hausbesitzer ein, die anderswo keinen Versicherungsschutz mehr finden, weil den Unternehmen das Risiko zu hoch ist. Er deckt bei Brandschäden aber deutlich weniger Kosten als klassische Feuerversicherungen. Binnen vier Jahren ist die Anzahl der FAIR-Plan-Policen um 123 Prozent gestiegen. Allerdings führt die Expansion von FAIR Plan auch dazu, dass sich traditionelle Versicherungsunternehmen aus bestimmten Gebieten zurückziehen, warnte Kaliforniens staatlicher Versicherungskommissar Ricardo Lara im vergangenen Jahr. Damit muss FAIR Plan mehr Risiken decken und riskiert damit seine eigene Solvenz.
Wenn FAIR Plans Solvenz in Gefahr gerät, dann tritt ein Mechanismus in Kraft, der die privaten Versicherer im Bundesstaat zwingt, einen Teil der Last zu schultern. Dieser Mechanismus allerdings könnte Versicherer dazu animieren, den Bundesstaat zu verlassen. Die Unternehmen haben gleichwohl seit Jahresbeginn die Möglichkeit, die Sonderkosten an ihre Versicherten weiterzugeben.
Die Lage sei für die kalifornische Versicherungsbranche schwierig, wenn auch beherrschbar, sagt die Ratingagentur Morningstar DBRS. Die Auswirkungen würden durch den Einsatz von Rückversicherungen und den hohen Diversifizierungsgrad der Versicherer etwas abgemildert. Auch für die globale Rückversicherungsbranche sollten die Verluste tragbar bleiben und keine Auswirkungen auf ihr Kreditprofil haben. Anders ist die Lage für die Versicherten: Für sie ist die Prognose eindeutig. Feuerversicherungen werden teurer.