Wegen der schwachen Konjunktur und der zahlreichen Krisenherde ist die Zahl der Insolvenzverfahren im vergangenen Jahr um fast 17 Prozent deutlich gestiegen. Die am Freitag veröffentlichte vorläufige Zahl des Statistischen Bundesamts bezieht sich auf Unternehmen sowie wirtschaftlich tätige Personen, die im Fall von Zahlungsnot oder Überschuldung ein Insolvenzverfahren beantragen, damit die Gläubiger in einem geregelten Verfahren zumindest einen Teil ihrer Forderungen zurückbekommen können. Vom Anstieg der Insolvenzen besonders betroffen waren die Branchen Logistik (Verkehr und Lagerei), der Bau und das Gastgewerbe.
In den vergangenen Jahren konnten sich viele Unternehmen nur mit Hilfe niedriger Zinsen und staatlicher Pandemiehilfen über Wasser halten. Der im Jahr 2022 begonnene Ukrainekrieg hat jedoch die Energiepreise rasant steigen lassen und eine Inflation ausgelöst, die mit Leitzinserhöhungen durch die Notenbanken bekämpft werden mussten. Der Anstieg der Material- und Personalkosten sowie das Ende billiger Kredite hat nicht nur schwache Unternehmen in Existenznot gebracht.
Fachleute sehen die Insolvenzwelle auch als Nachholeffekt
Die dadurch ausgelöste Welle an Unternehmensinsolvenzen ist allerdings auch vor dem Hintergrund außergewöhnlich niedriger Insolvenzzahlen während der Corona-Pandemie zu betrachten, während der Sonderregeln und Staatshilfen Insolvenzen künstlich zu vermeiden halfen. Was sich nun zeigt, bezeichnen Fachleute daher auch zumindest zum Teil als Nachholeffekt. Vom fast 25-jährigen Höchststand der Unternehmensinsolvenzen im Jahr 2003 mit mehr als 39.000 Pleiten ist die Wirtschaft aktuell trotz des starken Anstiegs im Jahr 2024 noch weit entfernt.
Trotzdem ist der wellenartige Anstieg besorgniserregend. So haben Unternehmen laut endgültigen Destatis-Daten im Oktober 35 Prozent mehr Insolvenzanträge bei den Amtsgerichten gestellt als im Vorjahresmonat. Für den Zeitraum Anfang Januar bis Ende Oktober 2024 ergibt sich eine Summe an Unternehmensinsolvenzen von über 18.200, was schon mehr ist als die Gesamtzahl für 2023 von 17.800. Gestiegen ist im Oktober auch die Zahl insolventer Privathaushalte.
Der Insolvenztrend des Wirtschaftsforschungsinstituts IWH verzeichnet für das Schlussquartal 2024 ebenfalls einen so starken Anstieg der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften wie zuletzt vor 15 Jahren. Die Zahl der Pleiten stieg um 36 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Von den Unternehmenspleiten von Oktober bis Dezember waren laut IWH 38.000 Arbeitsplätze betroffen. Der IWH-Ökonom Steffen Müller führt die gestiegenen Insolvenzen nicht nur auf die schwache Konjunktur und die höheren Kosten der Unternehmen für Löhne und Gehälter zurück, sondern auch auf die gestiegenen Zinsen und das Ende von Corona-Subventionen wie das Kurzarbeitergeld. Für das laufende Jahr erwartet das IWH ab Februar einen leichten Anstieg der Insolvenzen.