Als Wim de Pundert erstmals mit dem bayerischen Campingwagenhersteller Knaus Tabbert in Kontakt kam, war der gerade im Insolvenzverfahren. 2008 war das. De Pundert übernahm mit seinem Geschäftspartner Klaas Meertens das angeschlagene Unternehmen, brachte es auf Kurs und 2020 an die Frankfurter Börse.
Nun sitzt er wieder in Jandelsbrunn: „Ich bin einer von den zwei fliegenden Holländern“, stellt er sich vor. „Seit Montag letzter Woche habe ich hier ein Büro, und zwei Tage später standen zwanzig Polizisten vor meinem Zimmer. Das war ein bisschen blöd.“ Der 67 Jahre alte de Pundert hat seinen Humor nicht verloren. Aber glücklich ist er mit der Entwicklung sicherlich nicht. „Da war ich plötzlich alleine“, kommentiert er trocken die Verhaftung der beiden langjährigen Vorstände des Unternehmens.
Am Donnerstag teilte das Unternehmen mit, dass er sich Verstärkung geholt hat. Der von ihm mitgebrachte Finanzfachmann seiner Investmentgesellschaft HTP, Radim Ševčík, wird Finanzvorstand. Zudem habe er bestimmt 40 Mails bekommen von Leuten, die sich für die anderen Vorstandsposten für geeignet halten.
Produktionsstopp bis Ende Januar verlängert
De Pundert räumt jetzt erst mal auf. Die wegen des Bestechungsvorwurfs in „besonders schwerem Fall“ in zwei unterschiedlichen bayerischen Gefängnissen inhaftierten Vorstände sind entlassen. Den vier von der Staatsanwaltschaft genannten Zulieferern, die bestochen haben sollen, wurde umgehend gekündigt, darunter auch ein börsennotiertes Unternehmen.
„Ich komme aus der Restrukturierung“, beschreibt de Pundert seine Kernqualifikation für die Aufgabe. Denn der Großaktionär (41 Prozent) ist nicht wegen der Verhaftungen in den Vorstand gewechselt – er tat es vor Bekanntwerden der Vorwürfe –, sondern weil nach seiner Ansicht im vorherigen Management Fehler gemacht wurden. Bis Ende Januar hat de Pundert den Produktionsstopp in den großen Werken in Jandelsbrunn und in Ungarn verlängert. Um ungefähr 1500 Wohnwagen und Wohnmobile kann so der Lagerbestand je Monat sinken.
Im Gespräch wird klar, was Restrukturierung heißt: „Die Marketingausgaben kürzen wir um die Hälfte nächstes Jahr, und so sind wir alle Bereiche durchgegangen“, sagt de Pundert. Unterm Strich wird 2025 eine geringere Produktionsmenge stehen. „Dividende wird es nächstes Jahr keine geben“, kündigt der Großaktionär und Vorstandschef an. „Wir müssen die Liquidität zusammenhalten. Die uns finanzierenden Banken sind natürlich nicht erfreut über die Entwicklung in den vergangenen Wochen“, sagt de Pundert. Im Juni waren noch rund 30 Millionen Euro an Dividende ausgeschüttet worden, eine Dividendenrendite damals von mehr als 6 Prozent.
Mittelfristig will de Pundert weg von der Bankenabhängigkeit und das Unternehmen entschulden. „In zwei Jahren will ich Knaus Tabbert schuldenfrei haben.“ Der Weg zu niedrigeren Kosten ist schmerzhaft. Leiharbeitern wurde schon gekündigt, die meisten Produktionsmitarbeiter sind in Kurzarbeit. Es wird nicht ohne betriebsbedingte Kündigungen gehen. Wie viele der in der Spitze gut 4000 Mitarbeiter gehen müssen, ist offen. Mit aktuell gut 13 Euro hat der Aktienkurs am Donnerstag erst mal positiv auf die Vorstandsneubesetzung und die Restrukturierungsankündigung reagiert.
Mit FTI-Andersch wird eine Transformationsberatung eingeschaltet. Mit Alvarez & Marsal ein forensischer Berater, der untersuchen soll, wie es im Unternehmen jahrelang zu Korruption gekommen sein kann. „Ich bleibe, solange es nötig ist, das kann ein Jahr sein, zwei, drei“, sagt de Pundert. Genug zu tun hätte er auch sonst mit vielen weiteren Geschäften, zum Beispiel im Immobilienbereich in Amsterdam und auf Mallorca. Aber als fliegender Holländer ist er Belastungsproben gewohnt.