Iran lässt Deutsch-Iranerin Nahid Taghavi nach vier Jahren Haft frei

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Nach mehr als vier Jahren Haft im Teheraner Evin-Gefängnis hat Iran die Kölner Architektin und Frauenrechtlerin Nahid Taghavi ausreisen lassen. Das bestätigte Mariam Claren, die Tochter der Deutsch-Iranerin, am Montagmorgen auf der Plattform X: „Es ist vorbei. Nahid ist frei!“, schrieb sie und veröffentlichte dazu ein gemeinsames Foto von sich und ihrer Mutter am Flughafen. Claren bedankte sich bei allen, die sich für ihre Mutter engagiert hatten.

Zur Rolle der Bundesregierung, die sich um Taghavis Freilassung bemüht hatte, äußerte sie sich nicht. „Ich bitte die Medien, unsere Privatsphäre zu wahren“, schrieb Claren. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock schrieb auf X: „Ein großer Moment der Freude, dass Nahid Taghavi endlich wieder ihre Familie in die Arme schließen kann.“ Auch sie schwieg zur Rolle des Auswärtigen Amtes, was auffiel. Die iranische Regierung äußerte sich gar nicht.

Die Freilassung am Sonntag erfolgte kurz vor einem Treffen von Vertretern Irans, Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens am Montag in Genf, bei dem es unter anderem um das iranische Atomprogramm gehen sollte. Anders als im Fall der italienischen Journalistin Cecilia Sala gab es bei Taghavi zunächst keine Hinweise auf ein Tauschgeschäft. Der französische Außenminister Jean-Noël Barrot hatte Teheran jedoch mit neuen Sanktionen gedroht, wenn das Regime drei in Iran inhaftierte Franzosen nicht freilasse. Er bezeichnete sie als „Geiseln“ Irans. „Unsere Geiseln müssen freigelassen werden. Unsere bilateralen Beziehungen und die Zukunft der Sanktionen hängt davon ab“, sagte er und ließ den iranischen Botschafter einbestellen.

Die inzwischen 70 Jahre alte Taghavi war im Oktober 2020 bei einem Besuch in Teheran festgenommen und später wegen angeblicher Beteiligung an einer „illegalen Gruppe“ und wegen „Propaganda gegen den Staat“ zu mehr als zehn Jahren Haft verurteilt worden. Nach Angaben ihrer Tochter verbrachte sie mehr als sieben Monate in Isolationshaft. In dieser Zeit sei sie gefoltert worden, hatte Claren der F.A.Z. im vergangenen Jahr berichtet. Wegen gesundheitlicher Probleme war sie zwischenzeitlich in den Hafturlaub entlassen worden.

Der Umgang der iranischen Justiz mit Taghavi ließ vermuten, dass Teheran sie als Druckmittel in den Beziehungen zu Deutschland einzusetzen versuchte. So wurde sie zweimal vorzeitig aus dem Hafturlaub zurück ins Gefängnis gebracht, nachdem die Bundesregierung Teheran verärgert hatte. In einem Fall hatte Außenministerin Annalena Baerbock sich bei den Vereinten Nationen dafür eingesetzt, dass das Mandat einer Untersuchungskommission zu den Protesten von 2022 verlängert wurde.

Die Deutsch-Iranerin hatte sich seit Langem aus dem Ausland für Frauenrechte in Iran engagiert. Ende der Siebzigerjahre machte sie sich als linke Architekturstudentin von Italien aus für den Sturz des Schahs stark, bevor die Mullahs die Revolution allein für sich reklamierten. Die genauen Hintergründe ihrer Festnahme hatte ihre Tochter zu ihrem Schutz nicht öffentlich gemacht. Claren, eine Marketingfachfrau aus Köln, war unfreiwillig zur Aktivistin geworden und hatte sich intensiv für die Freilassung ihrer Mutter und anderer Inhaftierter eingesetzt.

Laut früheren Angaben des Auswärtigen Amtes waren im Oktober noch sechs weitere deutsche Staatsbürger in Iran in Haft. Anders als Claren haben deren Familien sich dazu entschlossen, die Fälle nicht zu veröffentlichen. Der deutsch-iranische Aktivist Jamshid Sharmahd war im Oktober nach iranischen Angaben in Haft verstorben. Zuvor war mitgeteilt worden, er sei hingerichtet worden.