Strafanzeigen nach Besetzung der Alice Salomon Hochschule

19

Die Kritik am Verhalten der Präsidentin der Alice Salomon Hochschule (ASH) in Berlin reißt nicht ab. Hochschulpräsidentin Bettina Völter hatte Polizisten, die wegen einer antiisraelischen Protestaktion mit Hörsaalbesetzung angerückt waren, vor dem Hochschulgebäude gesagt: „Wir erleben es als Bedrohung, dass Sie vorne am Eingang stehen“.

Der Polizist hatte daraufhin schlagfertig und deeskalierend reagiert. Die Berliner Innensenatorin Iris Spranger (SPD) bezeichnete das Verhalten Völters als „nicht nachvollziehbar – und absolut deplatziert“ und sieht die Reaktion der Polizisten als „rechtsstaatliches Handeln, wie ich es mir wünsche“.

Berlins Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) sagte, es seien rote Linien überschritten worden. Die ASH teilte auf Anfrage der F.A.Z. dazu mit, dass die Hochschulleitung am Tag der Besetzung (am 6. Januar) rote Linien formuliert habe. Außerdem sei das Material, das gegen diese roten Linien verstieß, kontinuierlich eingesammelt worden. „Nach rechtlicher Prüfung des Materials wurden dann von der Präsidentin der ASH Berlin 12 Tatbestände zur Strafanzeige gebracht“, so die ASH. Dabei wurden 13 Fotos von zwölf relevanten Materialien an die Polizei übermittelt.

Außerdem strafrechtlich angezeigt wurden bisher sechs E-Mails und vier Social-Media-Posts, die sich gegen die Präsidentin der ASH Berlin wendeten. Offenbar ging es vor allem um das rote Hamas-Dreieck, sowie Postkarten mit dem Slogan „From the river to the sea“.

Antisemitische Äußerungen

Der Zentralrat der Juden hatte sich entsetzt geäußert. „Wenn eine Rektorin an ihrer Hochschule Terrorverherrlicher und Hamas-Liebhaber gewähren lässt und sie als weniger bedrohlich aus unsere Polizei empfindet, ist das für mich völlig unverständlich“, sagte der Präsident des Zentralrats Josef Schuster. „Mir läuft ein Schauder über den Rücken bei dem Gedanken, dass hier ausgerechnet Sozialarbeiter ausgebildet werden sollen“, fügte Schuster hinzu.

Auf die Frage, wieso angesichts der antisemitischen Symbole noch von einer friedlichen Besetzungen die Rede sein könne, teilte die ASH der F.A.Z. mit: Es sei nicht zu Personen- oder Sachschäden gekommen und habe auch keine Räumung gegeben. Vielmehr habe die Hochschulleitung im Dialog mit den Besetzern und der Polizei das Geschehen und das Vorgehen klären können. Gleichwohl sei es „im Verlauf der letzten Woche zu mündlichen und schriftlichen antisemitischen Äußerungen gekommen, was die Hochschulleitung bedauert und wofür sie sich ausdrücklich in einem öffentlichen Statement entschuldigt hat“.

Die Kanzlerin der ASH Jana Einsporn hat in einem Brief an den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) von Ängsten der Beschäftigten und Studenten berichtet, weil sich „hochschulfremde, vermummte Personen in der Hochschule und in der Nähe von Arbeitsbereichen aufhalten“.

In ihrem Brief, der der F.A.Z. vorliegt, bittet die Kanzlerin den Regierenden darum, in einem Gespräch mit der Präsidentin die Arbeits- und Sicherheitsbedingungen der Mitarbeiter im Rahmen der Fürsorgepflicht der ASH zu thematisieren. Mit ihrer Darstellung, wonach die „Situation vor Ort weniger friedlich wahrgenommen wird“, zumal die Besetzung fünf Tage dauerte, distanziert sich die Kanzlerin deutlich von der Darstellung der Hochschulpräsidentin.