Deutsche Geiseln könnten freikommen

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Die Bundesregierung hat sich erleichtert gezeigt über die am Mittwochabend von Qatar verkündete Einigung auf eine Vereinbarung zur Waffenruhe zwischen Israel und der Terrorgruppe Hamas und die geplante Freilassung von Geiseln. Darunter sollten auch welche mit deutschem Pass sein. Das Abkommen biete „die Chance für ein dauerhaftes Kriegsende und die Verbesserung der schlechten humanitären Lage im Gazastreifen“, äußerte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).

Die Einigung müsse nun „konsequent umgesetzt“ werden. Scholz drang zudem auf die Rückgabe der sterblichen Überreste getöteter Geiseln, um den Angehörigen „einen würdevollen Abschied“ zu ermöglichen. In einer dritten Phase des Abkommens ist bislang vorgesehen, die verbliebenen Leichten zu übergeben und mit dem Wiederaufbau zu beginnen.

Bis zu 600 Lkw-Ladungen Hilfsgüter pro Tag für Gaza

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sprach am Mittwochabend von einem „Tag der Erleichterung“. Die Vereinbarung über die Geiselfreilassung und den Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas rette nicht nur Leben, sondern gebe den Menschen in Gaza, den Geiseln und ihren Angehörigen und allen Menschen der Region nach 15 Monaten greifbare Hoffnung. „Und sie zeigt, wie wichtig es ist, auch in den dunkelsten Stunden, den Glaube an Diplomatie niemals aufzugeben.“ Alle Seiten müssten die Vorgaben respektieren, äußerte sie, und richtete auch eine Forderung an Israel: „Den Menschen in Gaza fehlt es an allem – Nahrung, medizinische Versorgung und Notunterkünfte.“ Und weiter: „Die israelische Regierung muss nun endlich ihre Zusagen erfüllen und sicheren Zugang für humanitäre Güter und Helfer zulassen – ohne Einschränkungen.“

Im Abkommen ist festgeschrieben, dass künftig täglich bis zu 600 Lkw-Ladungen mit Hilfsgütern in den Gazastreifen gelangen sollen. Offen bleibt dabei aus Berliner Sicht, wie die Verteilung gelingen soll. Die Zukunft des Palästinenserhilfswerks UNRWA im Gazastreifen ist sowohl mit Blick auf die israelische Gesetzgebung als auch drängender Finanzierungsfragen fraglich. „Deutschland steht bereit, die UN-Organisationen vor Ort weiter umfassend zu unterstützen“, äußerte Baerbock. Deutschland ist der größte Geber der UNRWA.

Unter den im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln sind auch eine niedrige zweistellige Zahl mit deutschem Pass. Es ist allerdings unklar, ob diese alle noch am Leben sind. Das Auswärtige Amt pflegt seit 15 Monaten den Kontakt zu den Familien, unter anderem koordiniert von dem Leiter des Sonderkrisenstabs des Ministeriums zu den Verschleppten, Jens Jokisch. Die Kriterien für die Freilassung der ersten 33 Geiseln erfüllen auch einige mit deutschem Pass. 14 Geiseln mit deutschem Pass waren bereits zuvor freigelassen worden.

Baerbock selbst hatte seit dem 7. Oktober 2023 zwölf mal die Region besucht, zehn mal davon Israel. An der finalen Phase zur Einigung auf das Abkommen kam Berlin gleichwohl keine entscheidende Rolle zu. Jedoch hatte man unter anderem in einem Gesprächsformat mit arabischen Partnern, dem sogenannten Münchner 5plus5-Kreis, immer wieder versucht, Pläne für die Zukunft des Gazastreifens auszuarbeiten. Auch eine deutsche Beteiligung könnte im Rahmen der bereits 2005 eingesetzten EU-Mission zur Überwachung des Grenzübergangs Rafah (EU BAM Rafah) erfolgen.

Teile des Mandats der Mission sind bereits seit 2007 ausgesetzt, es wurde aber immer weiter verlängert. Deutschland setzt sich nicht nur für eine Zweistaatenlösung ein, sondern auch für den kompletten Rückzug Israels aus dem Gazastreifen. Auch Pufferzonen lehnt Berlin ab. Zudem wirbt man dafür, einer reformierten Palästinensischen Autonomiebehörde eine Rolle in der Zukunft zukommen zu lassen.