Mehr Unternehmen auf der Heimtextilien-Messe: Markt stabilisiert sich

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Einige Meter über dem Boden der Messehalle schweben die Stoffausschnitte, geordnet nach Farbtönen und befestigt an ei­ner Kette, wie sie so ähnlich in einer Reinigung oft zu sehen ist. Nur dass sie auf der Heimtextilmesse in einer Schleife auf und ab schweben, nicht bloß von links nach rechts. Das Mailänder Designstudio Alcova hat sie unter den von Ausstellern eingereichten Textilien ausgewählt. Die Schleife, erklärt Alcova-Gründer Joseph Grima, stehe für die Wiederkehr der Trends.

Es werde zwar auch Neues ent­wickelt, aber häufiger noch erscheine Bekanntes in einer Abwandlung. Das gelte für das Design wie für das Material. Grima präsentiert etwa einen Stoff, der neben 90 Prozent Baumwolle zu 10 Prozent aus Ananas-Fasern besteht, andere sind zu mehr als 90 Prozent aus wiederauf­bereitem Polyester. Darunter sortiert ein Roboterarm auf einem Tisch ein paar Tücher. Wie in vorherigen Jahren sind Nachhaltigkeit und Digitalisierung für die Aussteller weiterhin bedeutende Themen.

Wie die Stoffe der Alcova-Installation hat auch die Heimtextilbranche in den vergangenen Jahren ein markantes Auf und Ab erlebt. Für viele der Aussteller brachte die Corona-Pandemie zunächst einen deutlichen Schub der Nachfrage. 2020 und 2021, während der Lockdowns, verbrachten die Menschen mehr Zeit in den eigenen vier Wänden. Viele gaben mehr Geld aus, um es dort besonders schön zu haben. Zugleich fielen andere Konsummöglichkeiten weg. Für die Heimtextilbranche bedeutete das einen kräftigen Schub.

Anfang des Jahres 2025 ist der aber schon wieder ein paar Jahre her. Auf den Aufschwung folgte der Abschwung, die deutlichen Preissteigerungen 2022 und 2023 dämpften den Konsum zusätzlich. Im Jahr 2023 war ein beträchtlicher Rückgang zu verbuchen. Nach Angaben der BBE Handelsberatung war der Markt 2024 immerhin annähernd stabil.

Hoffen auf die neue Bundesregierung

Auf der Messe rund um Tapeten, Ma­tratzen, Decken, Kissen und Teppiche herrscht Zweckoptimismus vor. Die vergangenen Jahre waren nicht leicht, aber irgendwann muss es ja wieder besser werden. Ob der Tiefpunkt für die Branche bereits durchschritten ist oder erst im Jahr 2025 kommt, traut sich kaum einer vorherzusagen. Manche hoffen auf ein besseres Geschäftsklima durch die neue Bundesregierung. Nachfrageschwäche, Fachkräftemangel, Bürokratie und die Folgen des Energiepreisschocks würden vermutlich aber auch nach der Wahl nicht so einfach verschwinden, heißt es von anderen.

Sabine Komar-Häusler, Geschäftsführerin des Tapetenhersteller Komar aus Kolbermoor in Bayern, setzt auf ein individualisiertes Angebot. Die Kunden können bei ihr Tapeten von Designern aus ei­ner Reihe von Mustern zusammensetzen lassen. Diese werden dann auf einer bis zu drei Meter breiten Tapetenrolle gedruckt, die waagerecht an der Wand angebracht wird. Dadurch werde es einfacher, die Tapeten anzubringen, die einzelnen Rollen müssten nicht mehr per Hand an genau der richtigen Stelle zusammengefügt werden.

Die Tapetenfabrik Gebrüder Rasch aus Bramsche in Niedersachsen wählte den Weg der Konsolidierung. 2024 wurde das Traditionshaus Teil der Wallfashion-House-Gruppe. Bisher war die Gruppe vor allem in Frankreich und Großbritannien tätig, mit der Beteiligung an Rasch kam ein dritter großer Markt dazu. Pa­trick Molemans, Geschäftsführer von Wallfashion House, sagt, die Probleme am deutschen Markt seien in den vergangenen beiden Jahren gravierender als in Frankreich oder Großbritannien.

Dreimal so viele Teppichaussteller

Für Anne Boss von der BBE Handelsberatung stellt das Wachstum durch den Onlinehandel eine Chance für die Branche dar. „Im Jahr 2028 wird der Distanzhandel voraussichtlich bereits 50 Prozent des Gesamtmarktes ausmachen.“ In den vergangenen Jahren habe sich zudem gezeigt, dass Fertigprodukte stärkere Abnahme fänden und Do-it-yourself-Angebote weniger angenommen würden. Eine Chance stelle auch der Fokus auf Qualität und Nachhaltigkeit dar. Zugleich sei der Übergang zu nachhaltigeren Geschäftsmodellen auch eine große Herausforderung für die kommenden Jahre.

Besonders gewachsen ist auf der Heimtextil in diesem Jahr die Zahl der Teppichaussteller. Sie hat sich im Vergleich zum Vorjahr verdreifacht, mehrere zusätzliche Hallenebenen sind für sie eingerichtet worden. So hat etwa der größte Teppichproduzent Oriental Weavers aus Ägypten einen großen Stand auf der Messe. Wie viele waren sie zu dieser Jahreszeit sonst auf der Domotex Messe in Hannover. Die fällt aber 2025 aus, daher sind viele Aussteller nach Frankfurt ausgewichen. Insgesamt stellen 2025 mehr als 3000 Unternehmen auf der Messe aus, sechs Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Messechef Detlef Braun möchte die Konsolidierung in der Messelandschaft weiter nutzen und auf der Heimtextil künftig alles, was zur Inneneinrichtung gehört, zusammenführen. Dazu könnten in Zukunft etwa auch mehr Möbelaussteller gehören.