Nicht nur für die Familien ist die erlösende Nachricht über die Freilassung der Geiseln ein Grund zur Freude. Zum ersten Mal seit 14 Monaten besteht zumindest vorsichtige Hoffnung darauf, dass der Krieg in Gaza ein Ende finden könnte. Vorerst ist das ein gutes Zeichen – sowohl für Israel als auch für die Palästinenser.
Und doch stehen den Gesellschaften auf beiden Seiten nervenaufreibende Tage und Wochen bevor. Wie fragil die quälend lange ausgehandelte Vereinbarung zwischen Israel und der Hamas ist, haben die vergangenen Monate mehr als deutlich gezeigt. Bis zum Sonntagmorgen stand das Abkommen auf der Kippe.
Und auch jetzt gilt: Bei einer einzigen falschen Bewegung kann der Deal innerhalb von Minuten in sich zusammenbrechen. Rhetorisch stellt der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu schon jetzt die Weichen dafür, die Kämpfe in Gaza wiederaufzunehmen. Innenpolitisch steht er nach dem Austritt der Partei Itamar Ben-Gvirs aus der Regierungskoalition unter Druck. Auf der anderen Seite hat auch die Hamas in der Vergangenheit hinreichend bewiesen, dass man ihren Versprechungen erst dann glauben sollte, wenn sie auch wirklich eingelöst wurden.
Ungeachtet dessen bleibt die Bilanz des Krieges, die Israelis wie Palästinenser schon jetzt zu beklagen haben, dramatisch. Ein großer Teil der Geiseln ist tot, das Trauma des 7. Oktobers längst nicht verwunden. In Gaza haben die Kämpfe nicht nur Zehntausende Tote, darunter viele Frauen und Kinder, sondern auch großflächige Zerstörung hinterlassen. Ob weitere Opfer vermieden werden können, hängt nun davon ab, wie ernst es den Kriegsparteien ist – auf beiden Seiten.