Im österreichischen Burgenland hat sich die Erfolgswelle der FPÖ am Sonntag fortgesetzt, ohne aber die rechte Partei an die Spitze zu bringen, wie es ihr 2024 in mehreren Wahlen gelungen war. Die FPÖ verdreifachte ihre Stimmanteile gegenüber der letzten Wahl vor fünf Jahren und kam nach ersten Hochrechnungen auf mehr als 22 Prozent. Etwa gleichauf kam die christdemokratische ÖVP, die damit abermals schmerzliche Verluste hinnehmen musste. Wahlsieger sind die Sozialdemokraten, die in ihrer Hochburg Burgenland seit mehr als 60 Jahren den Regierungschef stellen. Allerdings verlor Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) voraussichtlich seine absolute Mehrheit im Landtag
Die SPÖ erhielt bei der Landtagswahl laut Hochrechnungen (APA/ORF/Foresight) weniger als 47 Prozent der Stimmen. Das bedeutet eine Einbuße gegenüber 2020, als die Partei unter Doskozil mit 49,94 Prozent eine absolute Mehrheit im Landtag erringen konnte. Die FPÖ legte um 13 Prozentpunkte auf rund 23 Prozent zu, die ÖVP verlor 8,2 Punkte und landete mit rund 22 Prozent voraussichtlich auf Platz drei. Die Grünen überschritten mit mehr als 5 Prozent die Vier-Prozent-Hürde und ziehen wieder in den Landtag in Eisenstadt ein. Den liberalen Neos (weniger als 2 Prozent) gelang das hingegen abermals nicht.
Die ÖVP zeigte sich enttäuscht, beeilte sich aber, darauf hinzuweisen, dass die SPÖ damit voraussichtlich künftig einen Koalitionspartner brauche. Die FPÖ feierte ihre Zugewinne. Ihr Spitzenkandidat Norbert Hofer sagte, die Regierungsbildung werde „sehr spannend”. Die SPÖ sah den „burgenländischen Weg” Doskozils bestätigt. Mit wem das erste Gespräch über eine mögliche Koalition geführt werden könnte, ließ sie offen.
Unter dem Eindruck der Bundespolitik
Die Wahl fand unter dem Eindruck der Bundespolitik statt. In Wien verhandeln die FPÖ unter Herbert Kickl und die ÖVP mit ihrem neuen Vorsitzenden Christian Stocker über eine „blau-türkise“ Koalition. Nach der Nationalratswahl im September, die erstmals die Freiheitlichen im Bund auf Platz eins gebracht hatte, hatten zunächst ÖVP, SPÖ und Neos über ein Dreierbündnis („Zuckerlkoalition“) verhandelt, um einen Bundeskanzler Kickl zu verhindern. Die Verhandlungen waren jedoch gescheitert. Die ÖVP schwenkte um, wechselte den Vorsitzenden (zuvor Karl Nehammer) und verhandelt nunmehr doch mit Kickl.
Die FPÖ hatte die „Zuckerl“-Verhandlungen als undemokratisch bezeichnet, weil dadurch Wahlverlierer den Sieger verhindern wollten. Mit dieser Kampagne gelang es den Freiheitlichen im Herbst, auch die Landtagswahl in der Steiermark zu gewinnen und den Sessel des Landeshauptmanns in Graz zu erobern. Im Burgenland scheinen hingegen landesspezifische Verhältnisse den Ausschlag gegeben zu haben. Doskozil sitzt dort innerparteilich fest im Sattel und hat mit markanten politischen Entscheidungen und staatlichen Eingriffen ein starkes eigenes Profil entwickelt.
Der von der FPÖ aus Wien nach Eisenstadt geschickte oder – je nach Lesart – abgeschobene frühere Präsidentschaftskandidat Hofer konnte die Freiheitlichen zwar aus dem Tief von 2020 führen, das auch durch die Ibiza-Affäre bedingt war. Die FPÖ blieb aber immer noch unter früheren Bestwerten. Von der Mobilisierungswirkung, die die „Zuckerl“-Verhandlungen in der Steiermark im Mitte-rechts-Spektrum offenbar hatten, konnte er nicht mehr profitieren.
Ob die ersten Pläne der blau-türkisen Unterhändler in Wien, mit starken Sparmaßnahmen den Bundeshaushalt zu sanieren, sich nun schon negativ für die FPÖ auswirkten, dürfte nun eine Frage sein, über die die blauen Strategen nachdenken. Die Wiener Sozialdemokratie scheint jedenfalls auf einen solchen Effekt zu spekulieren. Ende vergangener Woche beschloss die Hauptstadt-SPÖ, die eigentlich erst im kommenden Herbst anstehenden Wiener Gemeinderats- und Landtagswahlen auf April vorzuziehen. Die im Wiener Rathaus mit der SPÖ regierenden Neos stimmten dieser parteitaktischen Verkürzung der Legislaturperiode zu.